Blackfacing-Debatte Heftiger Konflikt um Schwarzen Piet

Zaandam · Der Nikolaus ist in den Niederlanden unterwegs und bringt Geschenke. Doch um seine schwarzen Helfer gibt es einen erbitterten Rassismus-Streit.

 Weiße bemalen in den Niederlanden ihr Gesicht oft mit schwarzer Farbe, um die Figur Zwarte Piet zu spielen. Gegner des Brauchs sagen, dass solche Darstellungen rassistische Stereotype fördern.

Weiße bemalen in den Niederlanden ihr Gesicht oft mit schwarzer Farbe, um die Figur Zwarte Piet zu spielen. Gegner des Brauchs sagen, dass solche Darstellungen rassistische Stereotype fördern.

Foto: dpa/Robin Van Lonkhuijsen

Bei strahlend blauem Himmel tuckerte das Dampfschiff durchs Wasser, auf den Deichen standen Tausende Menschen, die Kinder winkten fröhlich, die Flügel der Mühlen drehten sich im Wind. Das niederländische Städtchen Zaandam bot am Wochenende eine Bilderbuch-Kulisse für die traditionelle Ankunft des Nikolauses. Doch längst ist dieses Fest kein unschuldiges Vergnügen mehr. Um den Nikolaus und seine schwarzen Helfer ist ein erbitterter Kampf entbrannt. Die schwarz geschminkten „Zwarten Pieten“ sind für viele ein rassistisches Symbol.

In diesem Jahr wurde der Nikolaus im rot-weißen Bischofsgewand und mit langem weißen Bart auch von Dutzenden Demonstranten empfangen – sowohl Gegnern von Zwarte Piet („Schwarzer Peter“) als auch Anhängern. Mehrere Hundert Polizisten waren ausgerückt. Der nationale Nikolaus-Einzug in dem Städtchen im Norden von Amsterdam war besser geschützt als ein Risikospiel der Profi-Fußballliga.

In Zaandam blieb es friedlich. Doch nicht so an anderen Orten. In Groningen und Rotterdam war die Stimmung mehr als grimmig. In Eindhoven und Leeuwarden entstand nach Polizei-Angaben vor dem Umzug eine angespannte Atmosphäre, als sich Mitglieder der Bürgergruppe „Kick Out Zwarte Piet“ und Fans des PSV Eindhoven als Befürworter des schwarzen Nikolaus-Begleiters gegenüberstanden. Die Polizei musste die Gruppen trennen. In Eindhoven warfen PSV-Fans Eier und Dosen. Laut Polizei wurde deswegen „eine Reihe von Personen“ festgenommen.

Der Rassismus-Streit wird jedes Jahr heftiger. Sogar Ministerpräsident Mark Rutte sah sich im Vorfeld gezwungen, das Volk zur Ruhe zu ermahnen. Man solle „ruhig, würdig und respektvoll“ miteinander umgehen. Es sei schließlich ein Kinderfest.

Nach der Legende kommt Sinterklaas im November mit dem Boot aus Spanien an – mit Pieten und Geschenken. Drei Wochen lang ziehen Sint und seine Helfer nun durchs Land bis zur großen Bescherung am 5. Dezember.

Eigentlich liebt jeder die Pieten – wenn da nicht das Outfit wäre. Sie sind meist rabenschwarz geschminkt und tragen bunte Pumphosen, einen passenden Wams mit Spitzenkragen und ein Käppi mit großer Feder. Vor allem aus Sicht schwarzer Niederländer ist dies purer Rassismus: Schwarze würden als dümmliche oder lustige Knechte dargestellt.

„Die Figur Zwarte Piet ist Rassismus“, sagte einer der führenden Gegner, Jerry Afriyie, von der Aktionsgruppe „Kick Out Zwarte Piet“. „Doch die Leute, die das Fest feiern, sind keine Rassisten.“ In diesem Jahr protestierte die Gruppe in 18 Städten. „Blackface ist kein Kinderfest“, schrieben sie auf Transparente. Blackface – damit ist die Maskerade gemeint, wenn sich weiße Darsteller das Gesicht schwarz anmalen.

Für die Mehrheit der Niederländer ist Zwarte Piet eine unschuldige Figur. „Es ist ein Kinderfest“, sagt die Aktionsgruppe Pro-Zwarte-Piet. Für sie gehört die Figur zur niederländischen Identität wie Tulpen und Käse.

Doch so alt ist die Tradition überhaupt nicht. Der Helfer des Nikolauses wurde erst im 19. Jahrhundert zum Schwarzen. In den Jahrhunderten zuvor trat der Sinterklaas entweder alleine auf oder hatte eine Art ungehobelten Knecht Ruprecht bei sich wie seine übrigen europäischen Kollegen.

Auch in anderen Ländern ist das Blackfacing umstritten. In Deutschland gab es Streit beim Karneval: Der Verein „Frechener Negerköpp“ aus der Nähe von Köln hat nun nach 40 Jahren seinen Namen geändert. Grund waren zunehmende Anfeindungen. Auch ein Karnevalsverein aus Fulda sah sich Rassismusvorwürfen ausgesetzt, weil Mitglieder Kolonialuniformen trugen oder sich als schwarze Menschen geschminkt hatten. In Frankreich musste sich Star-Fußballer Antoine Griezmann 2017 entschuldigen, weil er geschminkt und mit Afro-Perücke als Basketballspieler posiert hatte.

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