Eu-Kommission EU will Pommes lieber goldig

Brüssel · Kommission erklärt in 28 Seiten, wie Lebensmittel beim Frittieren hell und so möglichst acrylamidarm bleiben.

 So lecker sie auch schmecken, wenn Pommes zu braun gebacken oder frittiert werden, legen sie an dem krebserregenden Stoff Acrylamid zu.

So lecker sie auch schmecken, wenn Pommes zu braun gebacken oder frittiert werden, legen sie an dem krebserregenden Stoff Acrylamid zu.

Foto: dpa/Anja Mia Neumann

Außen knusprig-braun, innen gut durch und weich – so sollen sie ein: frische Aufback-Brötchen oder Pommes Frites. Der gesundheitsbewusste Zeitgenosse weiß allerdings schon seit 2002, dass stärkehaltige Rohwaren wie Kartoffeln oder Mehl beim Backen, Braten, Rösten oder Frittieren etwas zulegen, was inzwischen als gesundheitsgefährdend, weil unzweifelhaft krebserregend, entlarvt wurde: Acrylamid.

Um es kurz zu sagen: Je brauner, je riskanter. Die Brüsseler EU-Kommission ließ das natürlich nicht ruhen. Mit der ihr bekannten Gründlichkeit legte sie vor kurzem ein siebenseitiges Regelwerk mit sage und schreibe 21-seitigem Anhang vor, über den am gestrigen Mittwoch die Fachleute der Mitgliedstaaten zu Rate saßen und befanden: Das klingt alles sehr vernünftig. Denn die Gefahren lassen sich drosseln, wenn man viele kleine Schritte macht. So soll der Zuckergehalt des Rohproduktes gesenkt werden, beim Braten, Frittieren und so weiter ist es ratsam, die Hitze gering zu halten, das Endprodukt also nicht wirklich zu bräunen.

Außerdem empfiehlt es sich, Kartoffelsorten mit möglichst wenig Stärke zu verarbeiten und weitere Stärke durch Blanchieren oder Einweichen vorher auszuwaschen. Fritten oder Brot sollten nicht stärker gebräunt werden als eben möglich. Das klingt alles akzeptabel, fand am Ende sogar Gnade in den Augen der belgischen Vertreter, die sich ja bekanntermaßen zu den besten Fritten-Kennern der Welt zählen. Deshalb wandern die Brüsseler Original-Fritten ja auch zwei Mal ins Fett, bleiben aber dennoch außen hell und innen weich.

Bis dahin also alles gut, wäre die Kommission eben nicht die Kommission. Denn um auch wirklich sicher zu gehen, hatten sich die zuständigen EU-Beamten auch noch umfangreiche Nachweis- und Dokumentationspflichten einfallen lassen, die jedem Restaurantbetreiber die Verzweiflung ins Gesicht treiben. So sollten die Küchen, in denen frittiert, gebacken, gebraten oder gegrillt wird, Proben entnehmen und diese analysieren lassen müssen – auf eigene Kosten, versteht sich. Die EU-Kommission wollte darüber hinaus die zuständigen nationalen Aufsichtsgremien zwingen, sich diese Erkenntnisse der Testlabors anzusehen und notfalls einzuschreiten. Dass es gelegentlicher Prüfungen der Back- und Frittier-Ergebnisse bedarf, fanden auch die Fachleute gestern, appellierten aber an die Kommission, doch eine gebrauchsfreundliche Variante auszuarbeiten, damit die Restaurants nicht über Gebühr belastet würden. Die Behörde muss sich den Vorschlag jetzt überlegen und dann neu vorlegen. Das übliche Verfahren sieht eine dreimonatige Einspruchsfrist für die Mitgliedstaaten vor. Danach kann der EU-Gesetzgeber entscheiden, ob er seinen eigenen Vorschlag gut findet oder nicht. Im ersteren Fall darf er ihn in Kraft setzen und der Verbraucher künftig auf zumindest Acrylamid-arme Fritten und Brötchen hoffen. Wobei: Sicher ist das natürlich auch irgendwie nicht wirklich. Denn auch in Brüssel starrt man schon auf den nächsten Quell für den gefährlichen Stoff, der allerdings nur schwer zu regulieren sein wird: der heimische Grill. Denn wer sein Fleisch so richtig schön knusprig haben will, beißt – etwas zugespitzt formuliert – in pures Acrylamid.

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