Urteil in Vergewaltigungsprozess Elf Jahre Haft für Camping-Vergewaltiger

Bonn · Er hat ein zeltendes Paar mit einer Astsäge bedroht, Geld verlangt und die 23-jährige Frau vergewaltigt. Im Prozess zeigte der Angeklagte keine Reue und bestritt bis zuletzt die Vorwürfe. Jetzt wurde er verurteilt.

 Für die Vergewaltigung einer Camperin in Troisdorf bei Bonn ist der 31-Jährige zu einer Haftstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden.

Für die Vergewaltigung einer Camperin in Troisdorf bei Bonn ist der 31-Jährige zu einer Haftstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden.

Foto: dpa/Henning Kaiser

() Die „goldene Brücke“, sagt der Richter, habe der Angeklagte ignoriert. Die goldene Brücke, das wäre im Prozess um die Vergewaltigung einer jungen Camperin in der Siegaue bei Bonn ein Geständnis gewesen. Dann hätte der Täter der ohnehin schon traumatisierten Studentin und ihrem Freund eine Aussage in der Verhandlung erspart, und dann hätte die Kammer zumindest einen Punkt gefunden, der sich für den Angeklagten strafmildernd hätte auswirken können. Gestern verurteilte das Bonner Landgericht den abgelehnten Asylbewerber aus Ghana zu elfeinhalb Jahren Haft wegen besonders schwerer Vergewaltigung und räuberischer Erpressung.

Abgesehen von fehlenden Vorstrafen spreche kaum etwas für den 31-Jährigen – aber eine ganze Menge gegen ihn, sagte Richter Marc Eumann. Mehrfach betonte das Gericht, dass die Opfer bei dem Überfall Todesangst ausgestanden hatten. Immer wieder habe die 23-Jährige den Täter angefleht, sie am Leben zu lassen. Das aus Baden-Württemberg stammende Paar habe eine Horrornacht erlebt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von 13 Jahren für den Angeklagten gefordert.

Für die Opfer sei die Höhe der Strafe letztlich unerheblich, sagt Nebenklage-Anwältin Gudrun Roth nach der Verhandlung. „Keine Strafe der Welt kann wiedergutmachen, was geschehen ist.“

Der 31-Jährige, der wie an allen anderen Verhandlungstagen Hand- und Fußfesseln tragen musste, hörte sich das Urteil ohne sichtbare Regung an. Zu Beginn des Prozesses war er mehrfach ausfallend geworden, sprach von Lügen und „Märchengeschichten“, verhöhnte die 23-Jährige sogar als Prostituierte.

Richter Eumann rekapitulierte den Tathergang: In jener Aprilnacht zelteten die Studentin und ihr 26 Jahre alter Freund in der Siegaue in Trois­dorf bei Bonn. Als die beiden gegen Mitternacht in ihren Schlafsäcken lagen, hörten sie draußen eine aggressive Stimme. Plötzlich schlitzte jemand mit einer langen Astsäge das Zelt auf – „wie mit einem Messer durch Butter“ – steckte seinen Kopf hinein und schrie auf Englisch: „Ich will hier schlafen!“

Der Täter verlangte Geld, fuchtelte mit der machetenähnlichen Waffe vor den Gesichtern seiner hilflosen Opfer herum. „Sie hatten pure Angst um ihr Leben“, sagte der Richter. „In dem engen Zelt fühlten sie sich in dem Moment wie Tiere im Käfig.“ Die beiden überließen dem Angreifer etwas Kleingeld und eine Lautsprecherbox. Dann forderte der Mann die 23-Jährige auf, das Zelt zu verlassen, um Sex mit ihr zu haben.

Das Paar habe keinen anderen Ausweg gesehen, als zu gehorchen – in der Hoffnung, so zu überleben, sagte Eumann. Eine Kripobeamtin, die das Opfer vernommen hatte, schilderte im Prozess, dass die 23-Jährige geistesgegenwärtig reagiert habe. Demnach leistete die Frau bei der Tat keinen Widerstand und beschwor ihren Freund beim Verlassen des Zeltes, sein Schweizer Messer stecken zu lassen und die Polizei zu rufen. Nach der Tat kehrte der 31-Jährige zurück in die nicht weit entfernte Flüchtlingsunterkunft in Sankt Augustin, wo er seit einigen Wochen untergebracht war.

Wenige Tage später wurde der 31-Jährige festgenommen, nachdem ein Passant ihn anhand eines Phantombildes erkannt hatte. DNA-Spuren überführten den Mann eindeutig als Täter. Bei der Festnahme hatte er zudem die gestohlene Lautsprecherbox bei sich. Bis zuletzt bestritt der Angeklagte die Vorwürfe. Der 31-Jährige schilderte im Prozess seine Kindheit in Ghana als Sohn eines reichen Plantagenbesitzers. Nach dem Tod seines Vaters geriet er mit seinem Schwager in einen handgreiflichen Streit um das Erbe. Der Schwager sei an den Folgen der Auseinandersetzung gestorben, erzählte der 31-Jährige. Daraufhin habe er sein Dorf verlassen müssen, sei zunächst nach Libyen geflüchtet, dann per Boot nach Italien, und sei Anfang Februar 2017 nach Deutschland gekommen.

Wenige Tage vor der Tat war der Asylantrag des Mannes abgelehnt worden. Da er dagegen klagte, war das Verfahren noch anhängig. Nun wandert der 31-Jährige zunächst ins Gefängnis, ehe er dann abgeschoben wird. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig: Der Ghanaer will nach Angaben seines Verteidigers in Revision gehen.

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