Deutsche auf Jamaika Ein bisschen Deutschland auf Jamaika

Negril · Ein Thüringer Paar betreibt am Küstenort Negril eine deutsche Bar. Das Leben auf der Insel? Teilweise „knallhart“.

 Die beiden Thüringer Dela und Steffen Erhardt betreiben die einzige deutsche Bar im Inselstaat Jamaika.

Die beiden Thüringer Dela und Steffen Erhardt betreiben die einzige deutsche Bar im Inselstaat Jamaika.

Foto: dpa/Georg Ismar

() Wenn man nicht aufpasst, fährt man vorbei. Die schmale Straße schlängelt sich am Meer in Negril entlang – viele Touristen kommen hierher, an die Westküste Jamaikas wegen der weißen Strände und der Klippen, von denen sich die Springer hinunterstürzen. Die „German Bar“ fällt aus dem Rahmen. Schwarz-Rot-Gold trifft Schwarz-Gelb-Grün. Eine deutsche und eine jamaikanische Fahne wehen im Wind, es ist das einzige deutsche Restaurant in Jamaika, rund 300 Deutsche leben auf der Karibikinsel, die sonst wenig Bezüge zu Deutschland hat. Jamaika ist ja in diesen Tagen 8500 Kilometer entfernt in Berlin in aller Munde – wegen der farblichen Parallele zur geplanten Koalition mit den Parteien CDU/CSU, FDP und den Grünen.

„Nee, auf die Koalition hat mich noch niemand angesprochen“, sagt Steffen Erhardt (53), der in dem Laden am „One Love Drive“ mit seiner Frau Dela (50) seit sieben Jahren Pizza, Burger, Bratwurst und Schnitzel anbietet. Es ist, wenn man so will, eine thüringische Enklave inmitten von Rastafari und Reggae. Die Beiden stammen aus Buttstädt bei Weimar. Nach der Wende machten sie eine Karibikreise und landeten auch in Jamaika, das packte sie.

„Die Erfahrung aus der DDR hat uns hier weitergebracht, das Umgehen mit Mangelwirtschaft.“ Bis zu 200 Essen servieren sie in der Bar am Abend, Hochsaison ist ab Dezember. „Ich liebe Deutschland, aber jeden Tag hatte ich dieselben Kunden im Restaurant und dachte: Ich muss hier weg“, erzählt Steffen Erhardt. Die vier Kinder blieben daheim, die Eltern starteten hier ein neues Leben. Das war nicht leicht. „Es gibt hier eine knallharte Einwanderungspolitik, du musst zeigen, dass du Geld hast, 6000 Euro kostet eine Arbeitserlaubnis.“ Nach drei Jahren konnten sie dann eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis beantragen, beide sagen, sie hätten auch schon Rassismus erfahren – als Weiße fühlen sie sich mitunter gegängelt und bei Behördengängen auch schon mal schikaniert.

Rund 60 000 Euro haben sie in die Bar investiert, dazu für 750 000 Dollar das große weiße, zweigeschossige Haus am Meer nebenan erworben. „Wir sind keine Auswanderer, wir sind Tester eines neuen Landes“, betont Erhardt. Stammgäste, die immer wieder kommen, sind vor allem amerikanische und kanadische Rentner, die in Jamaika überwintern.

In Negril werden Ausländer mitunter kritisch beäugt, gerade wenn sie gutes Geld machen. Ganz in der Nähe ist auch Rick‘s Cafe. Bis zu 2000 Besucher feiern hier pro Tag. Die Goldgrube gehört einem US-Amerikaner. Ein Problem ist überall die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Gegenüber der „German Bar“ steht ein 27-Jähriger, im Gespräch berichtet er, er habe die Schule abgebrochen, er schlägt sich mit dem Waschen von Autos durch.

Aber der Tourismus ist für viele auch eine Hoffnung – er ist der wichtigste Devisenbringer Jamaikas – und wächst. Dafür braucht es aber gut ausgebildetes Personal. Die Tourismusbehörde teilt auf Anfrage mit, dass 2016 2,18 Millionen Gäste kamen – plus 1,65 Millionen Passagiere von Kreuzfahrtschiffen. Für 2017 erwartet Jamaika rund 30 000 Gäste aus Deutschland, eine Steigerung um 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dank neuer Flugverbindungen hofft das Land im kommenden Jahr auf 40 000 deutsche Touristen.

Ist also alles auf einem guten Weg? Nicht ganz. In Negril fliegt Müll herum, Styropor wird vom Meer angeschwemmt. „In den sieben Jahren hat sich die Lage eher verschlechtert, die Kriminalität ist gestiegen“, berichtet Steffen Erhardt. Ihnen sei aber noch nichts passiert – sie hätten aber auch einen guten Wachhund.

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