Oma-Mörder Dreifach-Mörder als tickende Zeitbombe

Frankfurt/Oder · Der 25-Jährige Jan G. soll erst seine Oma erstochen und im Anschluss zwei Polizisten überfahren haben. Seit gestern steht der mutmaßliche Dreifach-Mörder aus Müllrose vor Gericht.

 In Handschellen wird der Angeklagte Jan G. zum Prozessauftakt in den Verhandlungssaal geführt. Für den Tod der beiden Polizisten entschuldigt er sich. Über seine Großmutter sagt er nichts.

In Handschellen wird der Angeklagte Jan G. zum Prozessauftakt in den Verhandlungssaal geführt. Für den Tod der beiden Polizisten entschuldigt er sich. Über seine Großmutter sagt er nichts.

Foto: dpa/Patrick Pleul

() Eine Seelsorgerin streichelt den Arm einer Frau in einem Gerichtssaal in Frankfurt an der Oder. Es ist die Nebenklägerin und Ehefrau eines Polizisten, der im Februar in Ostbrandenburg seinen Dienst antrat und nicht mehr nach Hause kam. Er und ein Kollege wurden bei einer Polizeikontrolle, die einen flüchtenden Mann in einem Auto mit zu hoher Geschwindigkeit stoppen sollte, überfahren. Der Aufprall war so heftig, dass Körperteile abgetrennt wurden – die beiden 49 und 52 Jahre alten Männer starben sofort.

Der mutmaßliche Mörder, Jan G., steht seit gestern vor dem Landgericht in der brandenburgischen Grenzstadt. Der 25-Jährige soll vor der Flucht seine Großmutter getötet haben. Es war ihr 79. Geburtstag.

Der dunkelhaarige Angeklagte sitzt in Jeans und Jacke im Verhandlungssaal und blickt zu Boden oder auf seine Hände in Handschellen. Er wirkt angespannt und schluckt häufig. Nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft hat er die Taten in Vernehmungen zugegeben. Zum Prozessauftakt sagt der Verteidiger, dass sein Mandant sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht äußern werde. Doch wenig später spricht der junge Mann über den Tod der Polizisten stockend und leise in ein Mikrofon: „Sie hatten keine Chance, zu reagieren.“ Und: „Ich kann sagen, dass es mir leid tut, dass sie nicht mehr zum Dienst kommen.“ Über die Großmutter, die er im Prozess einmal „Oma“ nennt, oder die Umstände ihres Todes, sagt er hingegen nicht.

Seit seiner Festnahme befindet sich der 25-Jährige, der zuletzt wie seine Großmutter in Müllrose lebte, in der geschlossenen Psychiatrie in Brandenburg an der Havel. Die Staatsanwaltschaft stellt am ersten Verhandlungstag klar, dass sie neben einer Haftstrafe mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung beantragen wird.

Den 28. Februar, an dem die drei Menschen starben, beschreibt die Anklagebehörde so: Eine Badewanne in der Wohnung der alten Frau, die mit Gegenständen vollgestellt war, soll der Grund eines Streits mit ihrem Enkel gewesen sein. Er soll sich über die Unordnung geärgert und ihr deshalb Honig über den Kopf gekippt haben. Weil er danach – so die Anklage – glaubte, dass sie die Tat des Enkels bei einem Telefonat verraten hatte, rastete er aus.

Mit Fäusten, einer Porzellan-Zuckerdose und einem Stuhl soll der damals 24-Jährige seine Großmutter attackiert haben. Sie stürzte zu Boden und wurde gewürgt. Es sind schreckliche Details, die die Staatsanwaltschaft auflistet. Zum Schluss soll er ihr „Lieblingsmesser“ genommen und ihr in den Hals gestochen haben. Abends wurde der Sarg mit der Leiche aus dem Haus getragen.

Die Anklagebehörde ist davon überzeugt, dass der junge Mann nach dem Mord im Umkreis auf einer wirren Fluchtfahrt mit dem Auto der Rentnerin umher raste und dabei viele Verkehrsteilnehmer in Gefahr brachte und mehrere Unfälle verursachte. Bis er dann zur Polizeikontrolle im Ort Oegeln kam. Er soll bei den Taten unter dem Einfluss von Drogen und Psychopharmaka gestanden haben.

In dem Verfahren wegen dreifachen Mordes wird es auch um die Schuldfähigkeit des Angeklagten gehen. Die Anklagebehörde geht von verminderter Schuldfähigkeit aus und beruft sich auf einen Gutachter, der dem Angeklagten eine Persönlichkeitsstörung attestiert habe.

Das Landgericht Frankfurt/Oder war gleich nach der Festnahme des Mannes scharf in die Kritik geraten. Gegen ihn hatte es nämlich bereits Ende 2016 einen Prozess unter anderem wegen Raubes gegeben. Wegen einer „undifferenzierten Schizophrenie“ war er damals für schuldunfähig erklärt worden. Die Kammer ordnete zwar die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an – allerdings setzte sie die Vollstreckung auf Bewährung aus. Damit war der Mann wieder auf freiem Fuß. Grundlage für den Entschluss war eine Einschätzung eines psychiatrischen Gutachters gewesen. Gestern kritisierte der Anwalt der Mutter des Angeklagten, die Nebenklägerin in dem jetzigen Prozess ist, das Vorgehen scharf. Es habe Vorzeichen gegeben, betonte er.

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