Doppelleben eines Serienmörders

Schwalbach · In seinem Heimatort Schwalbach war Manfred S. bis zu seinem Tod als unbescholtener Familienvater bekannt. Die Polizei hält den 67-Jährigen jedoch für einen Serienmörder, der über Jahrzehnte immer wieder gemordet haben soll.

 Das LKA hat bei der Pressekonferenz Wände mit Fotos der Opfer platziert. Foto: Rumpenhorst/dpa

Das LKA hat bei der Pressekonferenz Wände mit Fotos der Opfer platziert. Foto: Rumpenhorst/dpa

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Nichts erinnert in der kleinen Gasse mitten im Taunusort Schwalbach an den schrecklichen Fund, der hier vor 20 Monaten gemacht wurde. Die weiße Garage, in der ein mutmaßlicher Serienmörder die Leichenteile einer Frankfurter Prostituierten deponiert haben soll, wirkt unauffällig. Das Tor zum Hof ist weit geöffnet, kein Mensch ist zu sehen.

Der inzwischen gestorbene Manfred S. hatte diese Garage gemietet. Fahnder gehen davon aus, dass ihm mindestens sechs Morde mit großer Wahrscheinlichkeit zuzurechnen sind. In vielen weiteren Fällen wird noch ermittelt. Der Täter soll damit sexuelle Gewaltfantasien ausgelebt haben.

Die meisten Nachbarn kannten den vor zwei Jahren gestorbenen Manfred S., der die Garage gemietet hatte, nur vom Sehen. Nach dem Tod ihres 67 Jahre alten Vaters räumte die Tochter im September 2014 in der Garage auf - und entdeckte Leichenteile . Ohne diesen Fund wäre Manfred S. weiter als "ganz normaler Familienvater" in Erinnerung, sagt der Ermittler Frank Herrmann.

Der Verdächtige ging zeitlebens einer Arbeit als Gärtner und Entrümpler nach, galt als gesellig und spielte in einer Band Saxofon. "Er führte ein perfektes Doppelleben über lange Jahre", sagt Herrmann, der gestern im Landeskriminalamt (LKA) in Wiesbaden die Erkenntnisse der Sonderkommission ausbreitet. Es sind entsetzliche Verbrechen, die bis in die 70er Jahre zurückreichen und auf die sich die Polizei nie einen richtigen Reim machen konnte. Die Opfer waren - bis auf eine Ausnahme - Frauen. Oft Drogenabhängige, die sich auf dem Strich verdingten.

Die Leichen der Opfer wurden furchtbar zugerichtet. Glieder wurden abgeschnitten - und immer unterschiedliche Körperteile und Organe vom Täter entnommen. Genauso war es beim Opfer Britta D., die in der Schwalbacher Garage gefunden wurde. Bis heute fehlt ein Körperteil. "Wenn Sie das zusammenrechnen, könnten Sie sich tatsächlich dadurch einen neuen Körper herstellen", sagt Herrmann in ganz nüchternen Ton.

Manfred S. soll die Prostituierte etwa 2004 ermordet haben - möglicherweise nicht allein. Anregung für seine Taten hat er sich laut Ermittlern auch aus dem Internet geholt. Auf dem PC seien Dateien gefunden worden, die "fast eins zu eins" auf die Morde passten. Den spektakulären Fall des 13-jährigen Tristan im Jahr 1998 sieht die Polizei auch in der Reihe. Als Schüler passe er zwar nicht ins Muster der Opfer, doch die Verstümmelungen der Leiche seien sehr ähnlich.

Die Garage von Manfred S. war nie abgeschlossen, wie Anwohner berichten. Die Mieter hätten mal ein Grillfest gefeiert und die Fässer, in denen damals noch die Leichenteile lagen, als Sitzgelegenheit benutzt. Die Nordstraße, in der die Garage liegt, ist für die Anwohner seit dem Fund zur "Mordstraße" geworden. "So ein Doppelleben zu führen, dazu gehören Nerven", sagt ein 76-Jähriger. Für die Ermittler ist der Fall aber noch längst nicht abgeschlossen. Sie erhoffen sich Hinweise in weiteren Fällen.

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