Die Angst vor dem Hai surft mit

Ballina · Das Surfer-Städtchen Ballina an der australischen Ostküste gilt als die „Hai-Hauptstadt“. Erst im September verletzte wieder ein Weißer Hai einen Surfer. Die Strände bleiben leer. Die Nerven im Stadtrat liegen blank. Was tun? Man ist sich uneinig.

 Kaum zu erkennen, aber tödlich: ein Weißer Hai.Foto: dpa

Kaum zu erkennen, aber tödlich: ein Weißer Hai.Foto: dpa

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Cooper Allen wartete auf die perfekte Welle. Auf einmal fühlte der 17-jährige Surfer etwas an seinem Bein. Dann sah er im Wasser einen Riesenschatten: Ein 3,5 Meter langer Weißer Hai hatte den jungen Australier ins Bein gebissen. Vier tiefe Bisswunden ließ der Hai auf dem Oberschenkel des Schülers zurück. Drei Tage musste Allen im Krankenhaus bleiben. Er hat wegen einer Wund-Infektion Surf-Verbot. Über Haie habe er zwar nachgedacht, aber: "Man glaubt nicht, dass es einem selbst passiert." Allen hatte großes Glück. Surfen sei seine Leidenschaft, sagt der Teenager, er möchte wieder ins Wasser. Beim Surfen sei er am glücklichsten.

Nicht alle in dem Surfer-Ort Ballina denken wie Allen. Früher tummelten sich zur Hochsaison jeden Tag Hunderte Surfer an den Sandstränden. Jetzt ist die Postkarten-Idylle menschenleer, viele Urlauber stornierten, berichtet Bürgermeister David Wright. Pete Lang surft seit 40 Jahren, doch die Strände von Ballina meidet er. Früher habe er sich gefreut, wenn er den Strand für sich hatte. "Heute ist der Parkplatz leer, weil niemand mehr hier surft. Die Angst ist überall."

Dreizehn Angriffe gab es in den vergangenen Jahren in dem Städtchen an der Ostküste Australiens, das mittlerweile die "Hai-Hauptstadt" des Kontinents genannt wird. In diesem Jahr starben in Australien bislang zwei Menschen nach Haibissen, vier wurden verletzt. Forschern zufolge können steigende Temperaturen und eine größere Zahl von Menschen im Wasser Gründe für die steigende Zahl von Angriffen sein. Nach den jüngsten Attacken entschied sich die Regierung des Bundesstaates New South Wales, nun doch Hai-Netze einzusetzen. Bislang war dies aus Gründen des Tierschutzes abgelehnt worden. Die Effektivität der Netze, die Haie von den Stränden fernhalten sollen, ist umstritten. Zudem verfangen sich unzählige Tiere in den Netzen und verenden kläglich.

Bei einer Versammlung der Lokalregierung in Ballina stimmten sieben der neun Stadträte für den Einsatz der Netze. Eltern hätten Angst, ihre Kinder am Strand spielen zu lassen, sagt Stadträtin Sharon Cadwallader. "Wir sollten menschliches Leben höher schätzen als Meerestiere." Bürgermeister Wright, erklärter Gegner der Netze, will die Schäden für die Tierwelt minimieren. So sollen Alarme Wale und Delfine abschrecken, und die Netze nachts eingeholt werden.

Für Darren Rogers können die Netze aber das Geschehene nicht wieder gut machen. Er wollte im Februar vergangenen Jahres bei Ballina surfen. Der 50-Jährige habe auf seine erste Welle gewartet, als er die Schreie hörte. Rogers paddelte hinaus und brachte einen verletzten Surfer zurück an Land. Ein Hai hatte dem Mann beide Beine abgerissen. Rogers leistete Erste Hilfe, doch vergebens. Der Surfer starb noch am Strand. Es war die einzige tödliche Hai-Attacke in Ballina . "Ich fühlte mich, als wäre ich im Krieg. Ich war im tiefsten Inneren erschüttert, denn damit rechnet man nicht, wenn man an einem schönen Tag an den Strand geht", sagt Rogers.

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