Marihuana-Industrie in USA Eine blühende Branche kämpft gegen Klischees

Los Angeles · Die Marihuana-Industrie in den USA müht sich, den Kiffer-Ruf loszuwerden. Nicht alle sind überzeugt.

 Anders als in Europa sind die Produkte der Hanf-Pflanze wie Marihuana in den USA in vielen Staaten legale Drogen. Und das Geschäft brummt.

Anders als in Europa sind die Produkte der Hanf-Pflanze wie Marihuana in den USA in vielen Staaten legale Drogen. Und das Geschäft brummt.

Foto: dpa/Oliver Berg

Michelle Janikian schreibt für mehrere Magazine über Marihuana. Wenn sie jemandem erzählt, wie sie ihren Lebensunterhalt verdient, ist sie immer bemüht, sich dabei „wie jedermann“ zu verhalten – damit ihr Gegenüber nicht denkt, dass sie bekifft ist.

Adam Salcido weiß, wovon sie spricht. Er erinnert sich noch gut an die Zeit vor ein paar Jahren, als er sich entschloss, für eine kalifornische Firma zu arbeiten, die Veranstaltungen rund um Marihuana organisiert – das Hanffest oder den Cannabis Cup. Er musste seiner beunruhigten Familie mehr als einmal versichern, dass er nicht zu einem Drogensüchtigen werde.

Marihuana ist mittlerweile in 30 US-Staaten auf die eine oder andere Art legalisiert: Eine neue Multimilliarden-Industrie beginnt zu florieren. Aber alte „Stoner“-Klischees halten sich immer noch – in den USA etwa die Vorstellung von bekifften Leuten, die noch als junge Erwachsene auf den Sofas im Keller ihres Elternhauses leben und ihre Zeit mit Videospielen verbringen statt zu arbeiten.

Gegen solche Stereotypen versucht die Cannabis-Industrie jetzt anzugehen. MedMen etwa, eine gehobene Kette von Pot-Läden, hat kürzlich eine umgerechnet fast zwei Millionen Euro teure Anzeigenkampagne gestartet. Auf Werbetafeln, Bussen und im Internet werden Fotos von 17 Menschen aus verschiedenen Lebens- und Berufsbereichen gezeigt, versehen mit dem durchgestrichenen Wort „Stoner“. Dazu zählen etwa eine weißhaarige Großmutter und eine Krankenpflegerin. Wer will, kann auf der Webseite forgetstoner.com auch die Lebensläufe dieser Menschen finden und erfahren, warum sie Marihuana nehmen. Die einen tun es beispielsweise aus medizinischen Gründen, etwa zur Milderung von Migräne oder Angstzuständen, die anderen einfach, weil sie gern mal „high“ sind. Die Webseite Leafly preist in Anzeigen in der „New York Times“ und auf Werbeveranstaltungen die Vorzüge von Cannabis an. Zwei davon sind demnach besserer Sex und bessere Gesundheit. Aber nicht jeder lässt sich überzeugen. Es gibt Kritiker, die glauben, dass aalglattes Marketing negative Seiten des Pot-Konsums übertüncht.

„Es ist keine umstrittene Behauptung, wenn man sagt, dass Marihuana manche Leute abhängig macht und psychische Krankheiten erzeugen könnte, dass es mit verringerter Fahrtüchtigkeit verbunden wird, dass es dich nicht motiviert und die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass du die Schule sausen lässt, wenn du es als Kind nimmst“, sagt Kevin Sabet von der Organisation Smart Approaches to Marijuana. Er wirft der Branche unter anderem vor, Kinder mit essbaren Marihuana-Produkten wie Keksen anzulocken.

Robert Miner, Experte für Markenbildung, sieht in Filmen und TV-Shows ein Instrument für die Industrie, Vorurteile abzubauen. Wie die HBO-Serie „High Maintenance“ um einen Pot-Händler in New York. Es ist eine von Michelle Janikians Lieblingssendungen, von denen sie gern mehr sehen würde. Aber erst einmal bleibt sie dabei, ihre Joints nach Feierabend nicht an die große Glocke zu hängen. Die rauche sie zur Entspannung– so „wie sich andere normale Leute“ ein Glas Wein gönnen.

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