Süffiger Ausverkauf im Elysée-Palast

Paris · Um Restposten in seinem Weinkeller loszuwerden, versteigerte der französische Präsidentenpalast ein Zehntel des Bestandes – für die einen eine symbolische und rentable Geste. Für die anderen ein Sakrileg.

Eine neue Bescheidenheit zieht ein unter den Kronleuchtern im Elysée-Palast, dem prunkvollen Wohn- und Arbeitssitz des französischen Präsidenten. Die edlen Grands Crus aus dem Weinkeller, einem der besten des Landes, weichen etwas einfacheren Weinen. Erstmals wurde nun im berühmten Pariser Auktionshaus Druot ein Zehntel des Bestandes, 1200 Flaschen, versteigert, deren Überschuss dem staatlichen Haushalt zugutekommt.

Die Geste der Regierung, die sich und dem Land einen Sparkurs verordnet hat, ist nicht nur symbolisch, sondern auch rentabel: Schätzten Experten den Gesamtwert der ausgesuchten Tropfen auf rund 250 000 Euro, so beliefen sich die Einnahmen bereits am Donnerstag, dem ersten der beiden Verkaufstage, auf fast 300 000 Euro. Spitzenerlöse brachten zwei Château Pétrus Pomerol 1990 für 5500 und 5800 Euro ein. Einen davon ergatterte ein chinesischer Wein-Liebhaber, der auch beim Spirituosen-Angebot häufig die Hand hob. "Die ganze Welt ist hier, Käufer aus China, Japan, den USA, aber auch Frankreich", zählte Auktionatorin Ghislaine Kapandji auf.

Die Weine stammten aus allen Regionen des Landes, von der Bourgogne über das Elsass bis hin zum Bordelais, der Einstiegspreis beginnt ab 15 Euro. Das älteste Exemplar, ein Château Latour, stammt aus dem Jahr 1938. Ein Etikett bezeugt jeweils, dass die Weine am Tisch des Präsidenten serviert wurden. "Einige von ihnen haben große Momente in der Geschichte der Fünften Republik begleitet", so der Élysée-Palast.

Hollande spart auch bei Wein

Wenn auch nicht alle eine präsidiale Kehle hinunterflossen: Während sich François Hollande einen Wein-Liebhaber nennt, verzichtete Nicolas Sarkozy auf Alkohol. Jacques Chirac wiederum zog Bier vor. Hollande hat im Wahlkampf versprochen, er werde ein "normaler" Präsident sein, er kürzte sich und seinen Ministern das Gehalt um 30 Prozent und setzte nun ein neues Zeichen. "Man kann sich nicht mehr erlauben, Flaschen im Wert von 2000 oder 3000 Euro auf den Tisch zu stellen", erklärt die Chef-Sommelière des Élysée-Weinkellers, Virginie Routis. Hauptgrund für die Aktion war denn auch, Restposten zu verkaufen, um den Bestand zu erneuern, so wie es auch Restaurants tun. Der Erlös werde in "bescheidenere Weine" investiert, erklärt der Elysée-Palast. Das Jahresbudget für Wein bleibt bei beeindruckenden 250 000 Euro, doch der Überschuss geht in die Staatskasse. Eine Geste des guten Willens, die für Weinliebhaber aber ein Sakrileg ist.

Es sei traurig, dass dieses "wahre Kulturerbe unseres Landes" an Milliardäre aus der ganzen Welt gehe, klagt der Weingut-Besitzer Michel-Jack Chasseuil in einem Brief an Präsident Hollande. Der stellvertretende Chefredakteur des Fachmagazins "Revue des Vins de France", Olivier Poels, erklärt, der Wein sei ein "Nationalschatz": "Das ist, als würde der Louvre die Mona Lisa verkaufen unter dem Vorwand eines Finanzplans."

Völlig neu ist die Idee allerdings nicht. Auch die britische Regierung machte im März einen Ausverkauf edler Flaschen. Und der Bürgermeister von Paris, Bertrand Delanoë, ließ 2006 rund 4000 Weine und Spirituosen aus dem Rathaus-Keller versteigern. Die Aktion brachte der Stadt fast eine Million Euro ein.

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