Der Täter ist bis heute unbekannt Suche nach Tristans Mörder geht auch nach 20 Jahren weiter

Frankfurt · Der „Fall Tristan“ erschütterte 1998 auch viele, die den 13-Jährigen nicht gekannt hatten. Der Junge aus Höchst wurde am helllichten Tag ermordet.

 In diesem tunnelartigen Durchbruch unter den Gleisanlagen des Bahnhofs in Höchst wurde die Leiche des 13-jährigen Tristan gefunden.

In diesem tunnelartigen Durchbruch unter den Gleisanlagen des Bahnhofs in Höchst wurde die Leiche des 13-jährigen Tristan gefunden.

Foto: dpa/Arne Dedert

Das Bild des blonden Jungen mit dem etwas trotzig-selbstbewussten Blick war vor 20 Jahren in jeder Zeitung, erschien auf allen Fernsehbildschirmen. Tristan Brübach, 13 Jahre alt, aus Frankfurt-Höchst – von einem Unbekannten bestialisch ermordet. Spielende Kinder hatten am späten Nachmittag des 26. März 1998 auf einem Betonsockel im Liederbachtunnel am Höchster Bahnhof die verstümmelte Leiche des Jungen gefunden. Nicht einmal eine Stunde zuvor war Tristan zuletzt lebend gesehen worden. Der grausame Mord an dem Jungen entsetzte viele Menschen weit über das Rhein-Main-Gebiet hinaus. Der Täter ist bis heute unbekannt.

Mehr als 100 Beamte gingen nach der Entdeckung des ermordeten Jungen Hinweisen, Spuren und Zeugenaussagen nach. Über 23 000 Hinweise gingen bei den Ermittlern ein, nicht nur unmittelbar nach der Tat, sondern auch in den Folgejahren. In der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY“ wurde über den Fall Tristan berichtet. Die Ermittlungen führten auch ins Ausland; nach Frankreich. Aktuell wird ein Hinweis aus der Schweiz überprüft, sagt Chantal Emch, Pressesprecherin der Frankfurter Polizei.

Mittlerweile befasst sich der Frankfurter Kriminalhauptkommissar Uwe Fey alleine mit dem Fall Tristan. Bei Bedarf wird er von anderen Beamten unterstützt. Denn Mord verjährt nicht. „Die Technik entwickelt sich immer weiter, es gibt immer wieder neue Erkenntnisse in der Kriminalistik“, sagt Emch. Auch nach 20 Jahren werde noch Hinweisen nachgegangen, werden alte Spuren erneut aufgegriffen und überprüft. „Die Frankfurter Kriminalpolizei lässt nichts unversucht, den Mörder zu ermitteln“, versichert die Polizeisprecherin.

Da ist zum einen ein mit Tristans Blut gelegter Fingerabdruck, eine der wichtigsten Spuren dieses Falles. Er wird in regelmäßigen Abständen mit vorhandenen Daten abgeglichen – bisher allerdings ohne Erfolg. Bis heute ist zudem rätselhaft, wer nach der Tat im Besitz von Tristans Rucksack war, der erst im März 1999 gefunden wurde. Auch wenn viele Spuren kalt geworden sind: „Es ist grundsätzlich nicht auszuschließen, dass Menschen nach vielen Jahren ihr Gewissen erleichtern möchten und sich mit ihrem Wissen an die Polizei wenden“, sagt Emch. Das könnten Zeugen, der Täter selbst oder aber Menschen sein, die als Ärzte, Anwälte oder Geistliche zum Schweigen verpflichtet sind.

Am Jahrestag von Tristans Ermordung treffen sich auf dem Höchster Friedhof die Mitglieder einer Initiative, die die Erinnerung an Tristan lebendig halten will. Denn alle nächsten Angehörigen von Tristan sind bereits tot, nun läuft die Ruhefrist für das Reihengrab aus. Der Grabstein von Tristan soll unter einem Baum unweit des Grabes, das dann eingeebnet wird, weiter an den Jungen erinnern.

Der Kinderschutzaktivist Michael Fiedler hat mit anderen Mitgliedern der Initiative Spenden für die kleine Gedenkstätte gesammelt. Er kannte Tristan nicht persönlich, aber der Fall geht im nahe. In den vergangenen Jahren besuchte er wiederholt Tristans Grab, um dort eine Kerze anzuzünden, Blumen niederzulegen und das Grab zu pflegen. „Ich wurde dann immer wieder von Besuchern benachbarter Gräber angesprochen“, sagt er. „Da sind viele, die sich noch an Tristan erinnern.“ Zum 20. Jahrestag des grausamen Todes von Tristan werde wohl auch eine Gruppe ehemaliger Mitschüler zu der Gedenkfeier kommen.

Dass Tristans Schicksal in Höchst noch gegenwärtig ist, ist auch vor dem gerahmten, mittlerweile von der Witterung gezeichneten Bild zu sehen, das auf dem Schlossplatz am Sockel eines Sandstein-Kreuzes angebracht wurde. „Für Tristan“ steht auf einem weißen Grablicht unter dem Bild. Eine dunkelrosa Rose liegt als Zeichen von Anteilnahme und Erinnerung daneben. „Das ist wie eine Wunde, das darf man nicht vergessen“, sagt auch Fiedler. Die Tat sei in Höchst im kollektiven Bewusstsein verankert. „Es ist ein anhaltendes Entsetzen.“

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