Karnevalshasser Strategien gegen das närrische Treiben

Köln/saarbrücken · Flucht, Kapitulation oder einfach Unterwanderung der Karnevalsvereine: Wie Fastnachts-Muffel am besten die kommenden Tage überstehen.

Man mag es vielleicht kaum glauben, aber auch im Saarland und in Hochburgen wie Köln und Düsseldorf ist nicht jeder ein Jeck. Solche Zeitgenossen haben in den nächsten Tagen die Auswahl zwischen folgenden Optionen:

Innere Emigration: Die einfachste Methode ist: Einschließen und Fernsehen – aber natürlich keine Karnevalsübertragungen. Eine Büttenrede, die unter Karnevalshassern konspirativ von Hand zu Hand geht, empfiehlt: „Am besten ist, man bleibt zu Haus und sperrt den Wahnsinn einfach aus.“

Flucht: Unterschiedlichste Orte gewähren den Karnevalsflüchtlingen Asyl. Merke: „Der Trick ist, dass man sich verpisst, bis widder Aschermittwoch ist.“

Verweigerung: Hier ist man ausschließlich im Sinne von körperlicher Anwesenheit dabei. Den Verweigerer erkennt man daran, dass er sich beim Umzug selbst dann nicht bückt, wenn eine Schokoladentafel direkt vor seinen Füßen landet.

Unterwanderung: Wer witzigere Pointen will, muss die Karnevalsvereine unterwandern und es besser machen. Der mutigste Untergrundkämpfer in der Geschichte des Karnevals war der Kölner Büttenredner Karl Küpper (1905-1970), der es wagte, in der Nazi-Zeit die Hand zum Hitler-Gruß zu erheben und dabei statt „Heil Hitler“ „Is et am rähne?“ („Ist es am regnen?“) zu rufen. 1939 wurde er wegen „Verächtlichmachung des Deutschen Grußes“ mit lebenslangem Auftrittsverbot belegt.

Gegen-Karneval: Der überzeugte Demokrat Franz Raveaux (1810-1851) organisierte in der Zeit des Biedermeier einen Gegen-Karneval, so dass Köln 1845 zwei konkurrierende Rosenmontagszüge hatte: einen angepassten und einen frechen. Statt „unschuldiger Zeitverspottungen“ wollte Raveaux die „Verkehrtheiten der Zeit, insbesondere aus dem Gebiet der Politik“ anprangern. Das Ergebnis: Todesurteil wegen Rebellion und Hochverrats.

Boykott: Ein Karnevalsboykotteur war niemand anderer als der Ur-Kölner Konrad Adenauer. Die „zersetzenden und gehässigen Satiren“ waren dem ersten Kanzler der Bundesrepublik ein Dorn im Auge. Er wollte sogar dagegen klagen, doch das Bundesjustizministerium riet ihm ab: Die Narren würden zwangsläufig von rheinischen Richtern abgeurteilt, „die den karnevalistischen Bestrebungen weitgehendes Verständnis und Nachsicht“ entgegenbrächten. So beließ es Adenauer beim persönlichen Karnevalsboykott.

Kapitulation: Viele Karnevalsfeinde haben ihren Widerstand nach Jahren doch irgendwann aufgegeben. Resigniert wird da der Humanist Erasmus von Rotterdam (1466-1536) zitiert: „Kann man überhaupt von Leben sprechen, wo kein Vergnügen ist?“ In diesem Sinne...

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