Schwarz-Markt mit weißem Gold

Washington. Anonyme Übergaben an Autobahnraststätten, Polizeirazzien, Strafprozesse: Willkommen in der aufregenden Schattenwelt der Rohmilch-Freunde in den USA! Feinschmeckern gilt die feinwürzige, unbehandelte Vorzugsmilch als ultimativer Gaumen-Kick. Doch juristisch gesehen ist sie ein verbotener Genuss

Washington. Anonyme Übergaben an Autobahnraststätten, Polizeirazzien, Strafprozesse: Willkommen in der aufregenden Schattenwelt der Rohmilch-Freunde in den USA! Feinschmeckern gilt die feinwürzige, unbehandelte Vorzugsmilch als ultimativer Gaumen-Kick. Doch juristisch gesehen ist sie ein verbotener Genuss. Aus hygienischen Gründen sind Rohmilchprodukte in den meisten US-Bundesstaaten untersagt. Das betrifft die kuhfrische Milch ebenso wie Rohmilchprodukte, unter ihnen viele Camembert-Sorten. Wer sie verkauft, muss mit Geld- und sogar Haftstrafen rechnen. Viele Gourmets aber wollen sich nicht mehr von der Justiz den Appetit verderben lassen. Sie lassen in den USA mit viel Geld eine gut vernetzte kulinarische Subkultur blühen. Die 29-jährige Marta aus der Gegend von Washington ist auf den Geschmack gekommen. "Wir fühlen uns fast wie Drogen-Dealer, wenn wir Milch kaufen", berichtet sie. "Es ist einfach verrückt." Alle zwei Wochen bricht Marta zu einer konspirativen Einkaufsfahrt auf: Auf einem Highway-Rastplatz in Virginia trifft sie einen Bauern von der deutschstämmigen Religionsgruppe der Amish im benachbarten Pennsylvania und kauft ihm drei Gallonen (knapp zwölf Liter) Rohmilch ab. Nichts ist zu teuer für die Milchfreunde, die Preisexplosion bei legalen Lebensmitteln lässt sie kalt. Etwa 20 Dollar (umgerechnet rund 12,70 Euro) müssen sie für eine Gallone schwarz gehandelter Rohmilch hinblättern. Während die US-Behörden die unpasteurisierte Milch vor allem als Brutstätte von Bakterien und Salmonellen sehen, versprechen sich die Kunden gesundheitliches Wohl. Der Vorzugsmilch eilt der Ruf voraus, gegen Krankheiten wie Allergien und Asthma zu schützen. Wissenschaftliche Studien scheinen dies zu stützen. Schätzungen zufolge trinken in den USA trotz Verboten mittlerweile eine halbe Million Menschen regelmäßig nicht-pasteurisierte oder homogenisierte Milch.

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