Lawinengefahr und Katastrophenalarm Schneechaos hält den Süden in Atem

Miesbach · Ein Lawinenunglück mit sechs Schülern aus Sachsen-Anhalt zeigt die Gefahr des anhaltenden Winterwetters in den Alpen. Heftige Schneefälle haben viele Gemeinden fest im Griff.

 Die Wetterlage in Bayern und Österreich wird vielerorts zu einer immer größeren Bedrohung. Hier befreit ein Mann ein Dach von der Schneelast, um zu verhindern, dass dieses einstürzt.

Die Wetterlage in Bayern und Österreich wird vielerorts zu einer immer größeren Bedrohung. Hier befreit ein Mann ein Dach von der Schneelast, um zu verhindern, dass dieses einstürzt.

Foto: dpa/Helmut Fohringer

Die Bedrohung durch das Winterwetter in den Alpen wird immer größer. Sechs deutsche Schüler wurden gestern in Österreich von einer Lawine erfasst und zum Teil verschüttet. Wie die Polizei mitteilte, überlebten die Jugendlichen aus Halle (Saale) den Vorfall alle nahezu unverletzt.

Die Schneebrettlawine, die die deutschen Schüler in Österreich traf, löste sich laut Polizei im Bereich des Skigebiets Wildkogel unterhalb der Bergstation. Die Ausläufer der Lawine erfassten die Schüler an einer Skiwegquerung. Zwei der Jugendlichen (16 und 17) wurden dabei ganz, zwei (beide 17) zum Teil verschüttet. Zwei weitere (16 und 17) wurden von der Lawine erfasst, jedoch nicht verschüttet. Die 29 Jahre alte Lehrerin und eine weitere Schülerin hatten Glück und kamen mit der Lawine nicht in Kontakt. Die vier Erfassten wurden vorsorglich ins Krankenhaus gebracht, konnten dieses aber alle wieder verlassen. Ein Mädchen aus der Gruppe erlitt leichte Prellungen am Oberkörper.

In großen Teilen des österreichischen Bundeslandes Salzburg gilt die höchste Warnstufe, wie der Lawinenwarndienst des Landes mitteilte. Und bereits seit Samstag ist etwa der kleine Ort Hohentauern in der Steiermark von der Außenwelt abgeschnitten. „Es kommt seit Samstag, 15 Uhr, keiner rein und keiner raus“, sagt Gernot Jetz, Vize-Bürgermeister der Gemeinde. Das Problem: Entlang der Zufahrtsstraße herrscht auf beiden Seiten des Ortes große Lawinengefahr. Rund 750 Menschen sind laut Jetz derzeit in der Ortschaft, davon rund 330 Gäste.

Die Gemeinde sei sowohl mit Nahrungsmitteln als auch mit Medikamenten bestens versorgt. „Die Bauern backen Brot für alle und geben Eier weiter, wir haben auch noch 600 Liter Milch zur Verfügung“, erklärt Jetz, der auch selbst unterwegs ist, um Schnee von Dächern zu räumen. Bis Freitag wird in Hohentauern noch mit einem Meter Neuschnee gerechnet – zusätzlich zu den mehr als zwei Metern Schnee, die schon liegen. Voraussichtlich bis Freitagmittag müssen die 750 Menschen noch in Hohentauern ausharren. Erst dann könnte sich die Wetterlage entspannen und ein Zeitfenster entstehen, in dem mit Hubschraubern Erkundungsflüge gemacht werden könnten. Nur so könne die Gefahr durch Lawinen genau abgeschätzt und mögliche Lawinensprengungen eingeleitet werden. „Wir sind noch für vier oder fünf Tage bestens versorgt“, sagt Jetz zuversichtlich.

Am Montag hatte der bayerische Landkreis Miesbach wegen des Schneefalls den Katastrophenfall ausgerufen. Alle Schulen sind bis Ende der Woche geschlossen, Züge fahren nicht, Dächer müssen abgeräumt werden, damit sie unter der Last des nassen Schnees nicht zusammenbrechen. Im Zwei-Stunden-Takt berät ein Krisenstab über die Lage. In benachbarten Kreisen sieht die Lage vielerorts ganz ähnlich aus.

Bis mindestens Mitte nächster Woche müsse man vor allem im Alpenraum weiter mit Schnee rechnen, sagte der Leiter der Regionalen Wetterberatung München des Deutschen Wetterdienstes (DWD), Guido Wolz. Eine aktuelle Unwetterwarnung gilt bis Freitag. Am Samstag könnte sich die Lage dann vorübergehend etwas entspannen. Auch im Erzgebirge ist weiterhin mit Non-Stop-Schneefall zu rechnen, wie DWD-Meteorologen gestern vorhersagten. In tieferen Lagen bleibe es dagegen bei nasskaltem Wetter.

In Italien kündigte sich Schnee sogar bis tief in den Süden an. Der Zivilschutz warnte vor Schneefällen ab Mittwochabend unter anderem in den Regionen Kalabrien, Sizilien, Abruzzen und Apulien.

Die Schneemassen haben bereits Todesopfer gefordert. Im Beisein seiner Schüler ist ein 62 Jahre alter Lehrer nach einem Skiunfall auf der Mariazeller Bürgeralpe in Österreich gestorben. Der Mann verlor laut der Polizei bei der Abfahrt einen Ski und stürzte über den Pistenrand in einen steil abfallenden Wald. Dort blieb er im lockeren und metertiefen Schnee kopfüber stecken. Die nachkommenden Schüler konnten dem Mann aufgrund der Schneemassen nicht helfen. Einsatzkräfte der Bergrettung Mariazell konnten schließlich zu dem 62-Jährigen absteigen, stellten aber kein Lebenszeichen mehr fest.

Am Montag wurden außerdem zwei Schneeschuhwanderer tot geborgen. Die 23-jährige Jägerin und der 28 Jahre alte Jäger wurden unter einem Lawinenkegel im österreichischen Tennengau entdeckt. Ein 35-jähriger Slowene starb am Sonntag im Skigebiet Zauchensee, als er abseits der Skipiste im einen Meter tiefen Schnee stürzte.

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