Schläge auf den blanken Po

Singapur · Weil sie in Singapur U-Bahn-Waggons mit Graffiti besprüht haben sollen, drohen zwei 21-jährigen Leipzigern schmerzhafte Stockhiebe. Die Regierung Singapurs ist überzeugt von der Wirksamkeit der Strafe.

Als Forhad Mridha in Singapur die Prügelstrafe bekam, waren seine Augen verbunden, seine Hose heruntergelassen. Darauf müssen sich auch zwei junge Männer aus Leipzig gefasst machen, die in dem südostasiatischen Stadtstaat wegen Vandalismus angeklagt sind. Morgen ist ihre nächste Anhörung. "An der Prügelstrafe kommen sie nicht vorbei", sagt ihr Anwalt Christopher Bridges. "Drei Stockschläge sind bei Vandalismus zwingend vorgeschrieben." Die beiden 21-Jährigen bestreiten nach seinen Angaben nicht, dass sie am 8. November 2014 in ein U-Bahn-Depot eindrangen und Waggons mit Graffiti besprühten. Sie hoffen auf Strafmilderung durch das Schuldeingeständnis und dass die Anklagepunkte wegen unerlaubten Betretens des Geländes fallen gelassen werden. Das würde die erwartete Haftstrafe um einige Monate reduzieren.

Was Forhad Mridha aus Bangladesch schildert, tut schon beim Zuhören weh: "Nach den Stockschlägen konnte ich nicht mehr laufen. Zwei Leute haben mich in einen Nebenraum getragen und mir Wasser gegeben. Medikamente gab es nicht. Es hat höllisch weh getan." Er bekam im November vier Stockschläge, weil er im Land blieb, obwohl sein Visum abgelaufen war.

Die Strafe wird im Changi-Gefängnis vollstreckt. Der Vollzugsbeamte schwingt nach den Vorschriften einen Stock aus Peddigrohr, 1,20 Meter lang, 1,2 Zentimeter dick. Er wird in Wasser eingeweicht, damit er flexibel ist wie eine Peitsche. Der Verurteilte wird mit runtergelassener Hose auf ein Gestell gebunden. Die Nieren werden abgedeckt - damit kein bleibender Schaden entsteht, wenn der Vollzugsbeamte mal nicht genau die Pobacken trifft. Drei Stockhiebe sind die leichteste Form der Prügelstrafe. Möglich sind bis zu 24 Schläge, bei schwereren Vergehen wie Rauschgifthandel oder Unruhestiftung. Die Regierung rechtfertigt ihre strengen Gesetze mit dem Erfolg: "Wir haben drakonische Strafen: Prügelstrafe, lange Haftstrafen, Todesstrafe", sagte Justizminister K. Shanmugam 2012 im Parlament. "Das Ergebnis: Wir sind eines der wenigen Länder, das etwa das Rauschgiftproblem ziemlich erfolgreich eingedämmt hat."

Der Anwalt eines verurteilten Drogenkuriers hat im vergangenen Jahr Verfassungsklage eingereicht, als sein Klient zu 15 Stockhieben verurteilt wurde. Die Strafe sei "Folter und unmenschlich". Das höchste Gericht hat sich dazu bislang nicht geäußert. "Wir sind für die Abschaffung der Prügelstrafe", sagt Sinapan Samydorai von der Menschenrechtsorganisation Think Centre. "Aber der Singapurer Öffentlichkeit ist es eigentlich egal."

Laut dem Menschenrechtsbericht der US-Regierung haben im Jahr 2013 in Singapur 2200 Menschen Stockhiebe bekommen, gut die Hälfte davon Ausländer.

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