Russlands neuer "Wutbürger"

Moskau. Wie ziemlich beste Freunde umarmen sich Kremlchef Wladimir Putin und der Schauspieler Gérard Depardieu. Es gibt etwas zu feiern: Der über die Steuerpläne der französischen Regierung erboste Künstler erhält einen neuen russischen Pass, wird dadurch zu Putins Landsmann. Fernsehbilder zeigen, wie sich im Kurort Sotschi vor der Präsidentenresidenz das Schwarze Meer kräuselt

Moskau. Wie ziemlich beste Freunde umarmen sich Kremlchef Wladimir Putin und der Schauspieler Gérard Depardieu. Es gibt etwas zu feiern: Der über die Steuerpläne der französischen Regierung erboste Künstler erhält einen neuen russischen Pass, wird dadurch zu Putins Landsmann. Fernsehbilder zeigen, wie sich im Kurort Sotschi vor der Präsidentenresidenz das Schwarze Meer kräuselt. Drinnen stehen Schneeglöckchen auf dem festlich gedeckten Tisch, aus dem Eiskübel ragt eine Champagnerflasche. Es wirkt wie eine schöne Bescherung, passend zum orthodoxen Weihnachtsfest am Sonntag in Russland."Gérard, bist du mit deiner Arbeit zufrieden?", fragt Putin den per Charterflug angereisten Gast. "Ja, Wladimir, nur leider hast du meinen Film Rasputin noch nicht gesehen", erwidert Depardieu. Putin runzelt die Stirn. Alle Russen sollten den Film über den mysteriösen Zarenberater sehen, befindet er und blickt zu Oleg Dobrodejew, dem Chef der Mediengesellschaft WGTRK. "Spätestens im Mai läuft Rasputin landesweit im Staatsfernsehen", verspricht der.

Stolz präsentiert Depardieu den neuen Ausweis mit Doppeladler auf der Frontseite, innen prangt ein roter Stempel mit kyrillischen Lettern. Die Tinte scheint noch nicht trocken. Per Dekret hatte Putin dem gebürtigen Franzosen die Staatsbürgerschaft verliehen. Wenn Depardieu jetzt auch noch hauptsächlich in Russland wohnt, entgeht er der drohenden Reichensteuer in Frankreich, die den 64-Jährigen zum "Wutbürger" werden ließ. Ein Steuerflüchtling sei er aber nicht, beteuert der Filmstar. Er "liebe" Russland und wolle künftig in Belye Stolby bei Moskau wohnen. Auf den "Neu-Russen" freut man sich dort. "Das ist ein echter Kerl. Man kann mit ihm reden, mit ihm trinken und wenn's sein muss, ihm aufs Maul hauen", sagt ein Einwohner der Zeitung "Le Figaro".

Die Einbürgerung gilt auch als PR-Coup von Putin. Genau vor einem Jahr befand sich Russlands starker Mann nach Massenprotesten in einem Stimmungstief. Nun buhlt auch die streitbare französische Schauspielerin und Tierschützerin Brigitte Bardot um ein Treffen, um Beistand im Kampf gegen die Tötung von zwei Zirkus-Elefanten in Lyon zu erhalten. Putin inszeniert sich immer wieder als Tierschützer, zuletzt spielte er in einem Motordrachen den Anführer für einen Schwarm Kraniche.

Kritik an Bardot und Depardieu kam derweil vom Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit. Er nannte die beiden "ausgesprochene Dummköpfe". Der russische Bestseller-Autor Wladimir Kaminer wertet Depardieus Manöver als Suche nach Anerkennung. Der Schauspieler sei in einem Alter, in dem er sich frage: "Bin ich noch Mann oder schon Maus?", sagte Kaminer, der in Berlin lebt.

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