Rastplatz der Seele an der Autobahn
Vlotho. "Auf meinen Reisen finde ich hier Ruhe, um für die beschützten Fahrten zu danken." Der Autofahrer, der diesen Satz in das Anliegenbuch der evangelischen Autobahnkirche im nordrhein-westfälischen Vlotho-Exter schrieb, kehrt schon seit Jahrzehnten regelmäßig in das unweit der A 2 gelegene Gotteshaus ein
Vlotho. "Auf meinen Reisen finde ich hier Ruhe, um für die beschützten Fahrten zu danken." Der Autofahrer, der diesen Satz in das Anliegenbuch der evangelischen Autobahnkirche im nordrhein-westfälischen Vlotho-Exter schrieb, kehrt schon seit Jahrzehnten regelmäßig in das unweit der A 2 gelegene Gotteshaus ein. Mittlerweile wird die Besucherzahl in den bundesweit 33 Kirchen und Kappellen an Autobahnen auf rund eine Million Menschen im Jahr geschätzt. Das erste evangelische Gotteshaus dieser Art feiert heute sein 50-jähriges Bestehen.
Wer eine Autobahnkirche ansteuert, will allein sein, zur Ruhe kommen, Andacht halten. Rund zwei Drittel der Gäste sprechen ein Gebet oder zünden eine Kerze an, ergab eine Befragung der Katholischen Fachhochschule Freiburg. "Diese Kirchen sind Rastplätze der Seele am Rande des hektischen Straßenverkehrs", sagt Pastor Ralf Steiner. Als Gemeindepfarrer von Exter betreut er die älteste evangelische Autobahnkirche.
Die Geschichte der Autobahnkirchen hatte kurz zuvor durch die Privatinitiative eines Augsburger Fabrikanten begonnen. Ihm war aufgefallen, dass in seiner Heimat zwar an jedem besseren Feldweg Kreuze und Kapellen zur Andacht riefen, nicht aber an den viel befahrenen Verkehrsadern. Er stiftete Grundstück und Rohbau für die 1958 eingeweihte Kirche "Maria, Schutz der Reisenden" in Adelsried an der Autobahn München-Stuttgart.
Die Initiative des katholischen Unternehmers ließ die Protestanten nicht ruhen. Als "evangelisches Gegenstück" wurde die Kirche im ostwestfälischen Vlotho-Exter auserkoren, lag sie doch unmittelbar neben der Autobahn zwischen dem Ruhrgebiet und Berlin. Unter den Gästen der Autobahnkirchen bilden Männer die Mehrheit, fanden die Forscher der Katholischen Fachhochschule heraus. In Exter stoppen schon morgens um acht Geschäftsreisende in Schlips und Kragen. "Hier können sie Anspannung und Stress ablegen", sagt Pastor Ralf Steiner. "Danach fahren sie ruhiger und sicherer."