„Nichts wird mehr sein wie vorher“

Seyne-Les-Alpes · Lufthansa-Chef Carsten Spohr ist erneut zur Absturzstelle in die Alpen gereist. Zu den jüngsten Neuigkeiten äußert er sich nicht, macht den Hinterbliebenen aber das Versprechen, auch langfristig zu helfen.

Gut eine Woche nach dem Germanwings-Absturz hat die Lufthansa den Angehörigen der Opfer langfristige Hilfe versprochen und den Helfern in Frankreich gedankt. "Wir helfen nicht nur diese Woche. Wir möchten solange helfen, wie Hilfe benötigt wird", sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr gestern bei einem erneuten Besuch mit Germanwings-Chef Thomas Winkelmann an der Unglücksstelle. In Le Vernet nahe dem Absturzort drückte Spohr abermals sein tiefes Bedauern über die Katastrophe aus und betonte: "Nichts wird mehr sein wie vorher." Mit Blick auf die Hilfe vor Ort zeigte sich der Konzernchef zugleich "tief beeindruckt von der Professionalität, der Energie, dem Mitgefühl und der Sympathie". Die Zahl der deutschen Opfer wurde unterdessen von 75 auf 72 nach unten korrigiert.

In den französischen Alpen trafen auch zwei Bundeswehr-Hubschrauber ein. Sie sollen sich spätestens ab heute an den Bergungsarbeiten am Unglücksort beteiligen. Die Besatzungen bestehen aus je drei Soldaten. Darüber hinaus kam ein Ermittlerteam aus Düsseldorf an der Absturzstelle an. Mit den vier deutschen Polizisten flogen die vier französischen Ermittler , die die Arbeit in Düsseldorf bisher unterstützt hatten. Zum deutschen Team gehört ein Spezialist des Landeskriminalamts für lasergestützte Tatortvermessung und digitale Spurenkarten. An der Absturzstelle wurden derweil weitere persönliche Gegenstände der Toten gesichert. Die Bergung der Opfer war nach Angaben der Gendarmerie am Dienstag abgeschlossen worden. Außerdem ging die Suche nach dem Flugdatenschreiber weiter.

Der Airbus war am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf an einer Felswand in den französischen Alpen zerschellt. 150 Menschen starben. Der 27 Jahre alte Copilot Andreas L. wird verdächtigt, seinen Kollegen aus dem Cockpit ausgesperrt und die Maschine mit Absicht in die Katastrophe gesteuert zu haben. Nach Erkenntnissen der Ermittler war er vor Jahren suizidgefährdet. Für den Unglückstag war er krankgeschrieben. Am Dienstagabend hatte die Lufthansa mitgeteilt, dass L. die Lufthansa schon während seiner Ausbildung über eine "abgeklungene schwere depressive Episode" informiert hatte. In einer E-Mail habe der damalige Flugschüler 2009 die Verkehrsfliegerschule in Bremen unterrichtet. "Die Unterlagen wurden erneut durchgesehen inklusive der E-Mails", erläuterte eine Lufthansa-Sprecherin gestern in Frankfurt.

Bereits bekannt war, dass der Copilot des Germanwings-Flugs 4U9525 in seiner Ausbildung in der Verkehrsfliegerschule Bremen eine Unterbrechung von mehreren Monaten gehabt hatte.

Bei den Ermittlungen zum Germanwings-Absturz sorgt ein angebliches Handy-Video mit den letzten Augenblicken an Bord für Ärger: Die Staatsanwaltschaft in Marseille forderte gestern die sofortige Herausgabe des Videos, das auf einem Speicherchip am Absturzort gefunden worden sein soll. Die "Bild"-Zeitung und das französische Magazin "Paris Match" berichteten über das Video, das im hinteren Teil des Airbus A320 kurz vor dem Unglück aufgenommen worden sein soll. Einzelne Menschen seien nicht zu erkennen, es seien aber "Oh, mein Gott"-Rufe in mehreren Sprachen zu hören, berichtete "Paris Match". Die Aufnahmen seien jedoch stark verwackelt.

Gefunden wurde das Speichermedium laut "Bild" von jemandem aus dem "Kreis der Ermittler ". Ein Vertreter der Gendarmerie nannte die Berichte gegenüber dem US-Sender CNN "vollkommen falsch". Die Ermittler hätten die am Absturzort gefundenen Handys noch nicht ausgewertet.

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