Mit mulmigem Gefühl aufs Rad

Berlin/Saarbrücken. Fünf von sechs Deutschen zwischen 14 und 69 Jahren fahren Fahrrad - zumindest gelegentlich. Besonders wohl fühlen sie sich dabei aber nicht, wie der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) jetzt in einer Umfrage unter 2000 Bundesbürgern herausgefunden hat. Demnach empfindet jeder zweite Radfahrer den Straßenverkehr als nicht sicher

 Thomas Fläschner, Vorsitzender des saarländischen Fahrrad-Clubs, wünscht sich eine Image-Kampagne für das Radfahren. Hier ist er in der Dudweilerstraße in Saarbrücken unterwegs. Foto: bub

Thomas Fläschner, Vorsitzender des saarländischen Fahrrad-Clubs, wünscht sich eine Image-Kampagne für das Radfahren. Hier ist er in der Dudweilerstraße in Saarbrücken unterwegs. Foto: bub

Berlin/Saarbrücken. Fünf von sechs Deutschen zwischen 14 und 69 Jahren fahren Fahrrad - zumindest gelegentlich. Besonders wohl fühlen sie sich dabei aber nicht, wie der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) jetzt in einer Umfrage unter 2000 Bundesbürgern herausgefunden hat. Demnach empfindet jeder zweite Radfahrer den Straßenverkehr als nicht sicher. Das Statistische Bundesamt bestätigt das schlechte Gefühl: Statistisch gesehen ist einer von zehn Verkehrstoten im Jahr 2010 beim Radfahren verunglückt, für 2011 weisen die Zahlen auf einen ähnlichen Wert hin. Trotzdem wollen die meisten Fahrradfahrer keinen Helm tragen. Nur jeder achte fährt immer mit Kopfschutz, 73 Prozent dagegen "eher seltener" oder "nie". Vor allem in Großstädten sind Helme unbeliebt, trotz höherer Verkehrsdichte.Paradox ist dagegen, dass sich in einer Emnid-Studie vom Oktober zwei Drittel der Befragten für eine allgemeine Helm-Pflicht ausgesprochen haben. Zudem hatte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) der Helm-Debatte neuen Schwung verliehen, weil er mit der Einführung einer Helmpflicht gedroht hatte.

Der ADFC befürwortet zwar das Tragen von Helmen, ist aber gegen eine Helmpflicht. Sie mache den Straßenverkehr für Radfahrer nämlich nicht sicherer, sagt René Filippek vom ADFC. In anderen Ländern sei die Zahl der Radfahrer nach der Einführung einer Helmpflicht stark zurückgegangen. "Aber mehr Radfahrer im Straßenverkehr bedeutet mehr Sicherheit", betont Filippek und verweist auf die Niederlande. Dort liege die Helmquote "im Promillebereich", es seien aber viel mehr Fahrräder unterwegs als hierzulande - trotzdem, oder eben deswegen, seien sie wesentlich seltener an Unfällen beteiligt. Filippek zog außerdem in Zweifel, dass ein Helm Radfahrer wirksam schützen könne. Die Fallzahlen seien so gering, dass ihre Aussagekraft nur sehr begrenzt sei.

Laut Studie nutzen im Bundesschnitt 38 Prozent das Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit oder Ausbildungsstätte, wobei davon jeder Dritte das Rad mit öffentlichen Verkehrsmitteln kombiniert. Im Saarland sind es nur zwischen zwei und fünf Prozent, sagt Thomas Fläschner, Vorsitzender des ADFC Saarland. Er schätzt das Saarland als nicht besonders radfreundlich ein. "Es ist das Bundesland mit der höchsten Kfz-Dichte. Dementsprechend niedrig ist der Radfahrer-Anteil. Wo viele Autos fahren, fühlen Radfahrer sich nicht sicher. Und weil so wenige Radfahrer unterwegs sind, rechnet der Autofahrer auch nicht damit." Wer hier mit dem Rad fahre, müsse daher mehr aufpassen als anderswo und davon ausgehen, nicht gesehen zu werden.

 Laut einer Studie, die der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club gestern vorstellte, befürworten zwei Drittel der Befragten eine allgemeine Helmpflicht für Radfahrer. Foto: bub

Laut einer Studie, die der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club gestern vorstellte, befürworten zwei Drittel der Befragten eine allgemeine Helmpflicht für Radfahrer. Foto: bub

"Das Problem ist, dass das Netz der Radwege lückenhaft ist. Außerdem werden die Wege oft zugeparkt", sagt Fläschner. Zur Verbesserung der Infrastruktur gehöre aber auch, schlechte Wege stillzulegen - zum Beispiel weil sie zu schmal sind. Gut findet Fläschner, dass - wie in Saarbrücken - ein Großteil der Einbahnen für Radfahrer in beide Richtungen freigegeben ist. Das Fahrrad bräuchte eine Image-Kampagne, ist Fläschner überzeugt. "Das Radfahren im Saarland ist negativ besetzt. Ich bekomme oft bewundernde oder erstaunte Blicke, wenn ich sage, dass ich mit dem Rad fahre."

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