Letzter Akt der „Costa“-Tragödie

Rom · Zum dritten Jahrestag der „Costa Concordia“-Katastrophe nähert sich der Prozess gegen den Kapitän dem Ende. Erinnerungen an das Schiffsunglück weckte der Untergang der Fähre „Norman Atlantic“. Und es gibt einige Parallelen.

Wieder ein Schiffswrack, wieder Tote, wieder eine dramatische Rettungsaktion, wieder Chaos an Bord. Das Feuer auf der Adria-Fähre "Norman Atlantic" Ende Dezember hat in Italien böse Erinnerungen geweckt. Am 13. Januar 2012 prallte das Kreuzfahrtschiff "Costa Concordia " mit mehr als 4200 Menschen an Bord vor der Insel Giglio auf einen Felsen und kenterte.

Trotz vieler Parallelen zu der neuen Katastrophe weisen Experten auf die Unterschiede hin. Von den Passagieren an Bord der "Costa" starben 32, darunter zwölf Deutsche. An Bord der "Norman Atlantic" waren etwa 500 Menschen, mindestens elf starben. "Es ist beides eine Katastrophe, aber die ‚Costa' ist in der Öffentlichkeit eine viel größere Sache", sagt der Anwalt Massimiliano Gabrielli. Er vertritt bei beiden Schiffsunglücken mehrere Opfer. "Ein Unterschied ist: Auf der "Norman" ist der Kapitän als letzter von Bord gegangen, bei der "Costa" nicht."

Der "Norman"-Kapitän Argilio Giacomazzi wurde in Italien zunächst als "Anti-Schettino" gefeiert. Das Bild vom Helden begann allerdings zu bröckeln, seit gegen ihn wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung ermittelt wird. Er muss sich dafür rechtfertigen, dass mehr Menschen als erlaubt an Bord waren. Auch machte sich die restliche Besatzung laut Zeugen schnell von Bord.

Der stets sonnengebräunte Schettino dagegen machte sich selbst zum Buhmann der Nation, als er behauptete, in ein Rettungsboot "gefallen" zu sein - und das sinkende Schiff dann sich selbst überließ. Schettino hatte vor Gericht zwar eingeräumt, den Kreuzfahrt-Koloss nah an die Insel gesteuert zu haben, um einen befreundeten Offizier zu grüßen und einem Schiffskellner von Giglio einen Gefallen zu tun. Gleichzeitig gab er der Crew eine Mitschuld, die wegen fehlender Englisch- und Italienischkenntnisse seine Anweisungen nicht verstanden hätten.

Dafür, dass er zu früh von Bord ging, muss er nach Ansicht von Rechtsexperten wohl ins Gefängnis. Die Frage ist, wie lange. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Haftstrafe von mehr als 20 Jahren, unter anderem wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung und Körperverletzung. Ende Januar geht der Prozess gegen Schettino im Teatro Moderno der toskanischen Stadt Grosseto mit den Aussagen von Zeugen der Verteidigung und den Plädoyers weiter. Im Februar oder spätestens März soll das Urteil fallen.

Auf der Insel Giglio ist man jedenfalls froh, dass dies der erste Jahrestag ohne das Schiffswrack vor der Küste ist. "Die Situation ist jetzt sehr viel ruhiger, wir haben ein bisschen unseren Alltag zurückbekommen", sagte Bürgermeister Sergio Ortelli. Im Juli wurden die Überreste der "Costa" quer durch das Mittelmeer nach Genua zum Verschrotten geschleppt.

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