Stiftskirche Colmar Schwere Geschütze gegen Glockengeläut

Colmar · Die Anwohner nahe der Stiftskirche Saint-Martin in Colmar gehen juristisch gegen den Glockenklang vor.

 Die Glocken der Stiftskirche Saint-Martin in Colmar verärgern Anwohner, die sich durch das Geläut um ihre Sonntagsruhe gebracht fühlen.

Die Glocken der Stiftskirche Saint-Martin in Colmar verärgern Anwohner, die sich durch das Geläut um ihre Sonntagsruhe gebracht fühlen.

Foto: picture alliance / Bildagentur-o/dpa Picture-Alliance / Bildagentur-online/Fischer

Viele hundert Jahre ist alles gut gegangen. Keine Seele hat sich am Geläut der Stiftskirche Saint-Martin in Colmar gestört. Seit unzähligen Generationen rufen die Glocken jeden Sonntagmorgen die Gläubigen Punkt 10.30 Uhr zur Heiligen Messe. Doch der Frieden hat plötzlich ein Ende. 19 Anwohner melden sich zu Wort, die den nach ihren Aussagen „höllischen Radau“ nicht mehr ertragen können. Sie fühlen sich um ihre wohlverdiente Sonntagsruhe gebracht.

Der Anwalt der Kläger hat bereits schwere juristische Geschütze aufgefahren. Wenn der Lärm nicht unverzüglich eingestellt werde, so lässt er wissen, fordere man 10 000 Euro Strafe, da die Kirchenverantwortlichen unter anderem die Gesundheit seiner Mandanten in Gefahr brächten. Messungen in drei Wohnungen von Anwohnern hätten ergeben, dass der Lärm durch die Glocken nur knapp unter jenem Bereich liege, der für menschliche Ohren gerade noch erträglich sei.

Was den Juristen besonders ärgert: Er habe sich in der Angelegenheit natürlich an die zuständige Kirchenoberen gewandt, aber keine Antwort bekommen. Seine Mandanten wollten die Glocken ja nicht ganz abstellen, sie könnten auch am Sonntag läuten – allerdings erst nach 12.30 Uhr. Er selbst sei persönlich an einem Sonntag im Februar zur Messe gegangen, erläutert der Anwalt, und er habe gerade einmal einhundert Gläubige gezählt. Die meisten seien zudem alte Menschen gewesen, die sicher sehr genau wüssten, wann der Pfarrer mit der Messe beginnt.

Im Fall von Colmar besteht auch ein architektonisches Problem. Der Glockenturm der Stiftskirche, die aus dem 13./14. Jahrhundert stammt, ist wesentlich niedriger als etwa jener in Straßburg, der 142 Meter misst und ein ähnliches Geläut beherbergt. In Colmar befinden sich zudem viele Wohnungen rund um das Gotteshaus, die sich auf einer ähnlichen Höhe wie die neun großen Glocken befinden. Zudem wird nach Ansicht der Kläger der Schall von den Gebäuden reflektiert und so noch verstärkt.

Die Verantwortlichen der Diözese in Straßburg wenden ein, dass die Glocken von Colmar eine sehr lange Tradition hätten, signalisieren aber Gesprächsbereitschaft. Bernard Xibaut, Domherr und Kanzler der Diözese, erklärt, dass man selbst einen Fachmann beauftragt habe, die Lautstärke der Glocken zu messen. Zudem werde daran gearbeitet, die Dauer und die Intensität des Geläuts zu reduzieren. Das Entgegenkommen hat aber offensichtlich auch Grenzen. Man werde auf keinen Fall die Glocken schweigen lassen, erklärt Bernard Xibaut, die am Sonntag zu einer Zeit läuteten, die jedermann einleuchtend sein müsse.

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