Japans Regierung fürchtet die FolgekostenKekse und Durchhaltesprüche

Tokio. Am Katastrophen-Kraftwerk Fukushima müssen die Techniker noch Monate kämpfen, um die Atomkrise unter Kontrolle zu bekommen. Japan rechnet inzwischen mit gigantischen Kosten bis 26 Milliarden Euro durch die Katastrophe. Zusätzlich zu Erdebeben- und Tsunamischäden wurde jetzt im Boden um das Kraftwerk Fukushima I noch war am Vortag hochgiftiges, radioaktives Plutonium entdeckt

Tokio. Am Katastrophen-Kraftwerk Fukushima müssen die Techniker noch Monate kämpfen, um die Atomkrise unter Kontrolle zu bekommen. Japan rechnet inzwischen mit gigantischen Kosten bis 26 Milliarden Euro durch die Katastrophe. Zusätzlich zu Erdebeben- und Tsunamischäden wurde jetzt im Boden um das Kraftwerk Fukushima I noch war am Vortag hochgiftiges, radioaktives Plutonium entdeckt. Ein weiteres ungelöstes Problem ist das strahlende Wasser in den Kellern und Gräben der Atom-Ruine.Ministerpräsident Naoto Kan will neben dem eigentlichen Staatshaushalt einen Sonderetat von umgerechnet etwa 17 bis 26 Milliarden Euro aufstellen. Japan ist schon jetzt hoch verschuldet. Mit dem neuen Geld sollen die Kosten für die Folgen nach Erdbeben, Tsunami und Atomkatastrophe bezahlt werden. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will Japan morgen einen Solidaritätsbesuch abstatten.

Die in Fukushima I gemessene Plutonium-Menge sei gering und für Menschen nicht gefährlich, erklärte der Stromkonzern Tepco, der das AKW in Fukushima betreibt. Dennoch führte die Nachricht vom Plutoniumfund an der Börse in Tokio zu Kursverlusten. Regierungssprecher Yukio Edano sagte dazu, die Lage sei "sehr ernst", der Plutoniumfund sei ein Hinweis auf "einen gewissen Anteil schmelzender Brennstäbe". Woher das Plutonium stammt, ist noch immer nicht zweifelsfrei geklärt.

Im beschädigten Kraftwerk selbst macht radioaktiv verstrahltes Wasser in Gräben und den Turbinenhäusern der Reaktoren den Einsatz lebensgefährlich. Es stand zeitweise bis zu einen Meter hoch. Eine Hauptaufgabe der Einsatzkräfte war gestern das Abpumpen des verseuchten Wassers aus dem Keller des Turbinengebäudes von Block 1. Doch die Arbeiter wissen nicht, wohin mit der für Menschen hochgiftigen Flüssigkeit in den Turbinenhäusern der Blocks 2 und 3. Es fehlt an Tanks. Am gefährlichsten ist das verstrahlte Wasser in einem Graben von Block 2 zum Turbinenhaus. Dort wurde am Wochenende die bisher höchste Strahlendosis von 1000 Millisievert pro Stunde gemessen. Die natürliche radioaktive Strahlung liegt dagegen nur bei zwei Millisievert pro Jahr. Die japanischen Behörden gehen mittlerweile davon aus, dass das verstrahlte Wasser in dem Graben in "direktem Kontakt" mit Brennstäben im Reaktorkern war, wie die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit meldete.

Die Japaner wollen jetzt verstärkt ausländische Fachleute heranziehen, um die havarierten Reaktoren unter Kontrolle zu bringen. Die Regierung erwägt womöglich eine Verstaatlichung des Energiekonzerns Tepco. So jedenfalls wurde der Minister für die nationale Politik, Koichiro Gemba, von der Nachrichtenagentur Kyodo zitiert. Regierungssprecher Edano dagegen dementierte. dpa

Tokio. Manche nennen sie die "Helden von Fukushima" oder die "nuklearen Samurai". Seit mehr als zwei Wochen versuchen Männer in weißen Schutzanzügen und Atemmasken die Atom-Ruine in Fukushima unter Kontrolle zu bekommen.

Wer die Männer sind und wie ihr Alltag aussieht, darüber ist wenig bekannt. Nun kamen ein paar Details ans Licht - etwa dass es nur karge Essensrationen gibt. Und dass die Männer sich nachts in Blei-Decken rollen als Schutz gegen Strahlung.

Nach Angaben von Kazuma Yokota von der japanischen Reaktorsicherheitsbehörde NISA arbeiten derzeit etwa 400 Arbeiter und Techniker in Fukushima I. Darunter seien auch Vertragsarbeiter anderer Firmen.

Ihr Tag beginnt demnach um sechs Uhr morgens. Zum Frühstück bekämen sie jeweils 30 "Überlebenscracker" und ein Glas Fruchtsaft. Danach gingen sie an die Arbeit. Mittagessen gebe es keines. Bis zum 22. März hätten die Arbeiter täglich nur eine 1,5-Liter-Flasche Mineralwasser bekommen. Als vermehrt Hilfsgüter an der Atom-Anlage eintrafen, konnten die Männer eine Flasche mehr verlangen.

In der Abenddämmerung kehren sie zu ihren Unterkünften auf dem Gelände zurück. Zum Abendessen gibt es wieder Notrationen: Instant-Reis und jeweils eine Dose mit Huhn oder Fisch. Nach dem Essen treffen sich alle nochmals und sagen zueinander: "Gambaro", "Machen wir weiter!" dpa

Am Rande

In Japan dreht sich der Wind. Zunächst treibt aus Südwesten kommende Strömung radioaktive Partikel vom havarierten Atomkraftwerk Fukushima vorerst weiter auf den Pazifik hinaus. Doch heute abend soll sich die Windrichtung drehen und auf die Millionen-Metropole Tokio zutreiben. Böen bis Stärke sechs treiben die Radioaktivität dann auf den Großraum mit seinen rund 35 Millionen Menschen zu. "Dort steigt die Konzentration folglich an, allerdings deutlich verdünnt gegenüber der Ausgangsregion", wie der Deutsche Wetterdienst in Offenbach vorhersagt. Genaue Werte kennen die Wetterfachleute nicht. Dazu kommt Regen, der die gefährlichen Partikel zu Boden bringen kann. Morgen soll der Wind wieder aufs Meer wehen. dpa

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