Ein letztes Mal im Rampenlicht Wenn der Tod zum TV-Spektakel wird

Berlin · Der Fernsehsender Vox zeigt heute die letzten Aufnahmen des inzwischen verstorbenen Auswanderers Jens Büchner. Die Bilder entstanden noch an seinem Sterbebett.

 Büchner stand häufig gemeinsam mit Ehefrau Daniela vor der Kamera. 

Büchner stand häufig gemeinsam mit Ehefrau Daniela vor der Kamera. 

Foto: dpa/Jens Kalaene

„Malle-Jens“ hat ein Leben geführt, wie es öffentlicher kaum sein könnte. Kameras begleiteten den TV-Auswanderer Jens Büchner und sein Streben nach Ruhm auf der Deutschen liebster Insel. Er ließ sich dabei filmen, wie er sich verliebte und wieder trennte, als er heiratete, als er Vater von Zwillingen wurde. Was die Kameras nicht filmten, teilte seine Ehefrau Daniela oft bei Facebook oder mit der Boulevardpresse.

Kameras waren auch dabei, als Büchner unheilbar krank wurde. Am 17. November 2018 starb er im Alter von 49 Jahren in einer Klinik in Palma de Mallorca an Lungenkrebs – nur rund vier Wochen nach seinem letzten öffentlichen Auftritt, bei dem das Publikum noch nichts von seiner Erkrankung wusste.

Heute zeigt die Auswanderer-Show „Goodbye Deutschland“ die letzte Folge mit ihm auf Vox – dem Sender, dessen Logo Büchner als Tattoo auf dem Oberarm trug. Rund vier Monate nach seinem Tod werden nun jene Bilder ausgestrahlt, die das Team damals auch im Krankenhaus drehte.

„Das Drehteam von „Goodbye Deutschland“ hat Jens Büchner und seine Familie seit 2011 begleitet und war auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin auch bei seinen ersten Tagen im Krankenhaus dabei“, teilte der Sender mit. Büchners Familie habe der Ausstrahlung zugestimmt.

Öffentliches Leben, öffentlicher Tod? Folgerichtig könnte man das nennen. Die Hamburger Medienwissenschaftlerin Joan Bleicher spricht dennoch von einer „Grenzüberschreitung“ – allerdings einer mit einer „langen kulturgeschichtlichen Tradition“. Sie nennt als Beispiele aus früheren Jahrhunderten öffentliche Hexenverbrennungen und Hinrichtungen. Sie sagt auch: „Reality-TV-Formate suggerieren die Normalität der medialen Darstellung von Privatheit.“

Vox verzichtet in der neuen Folge auf voyeuristische Bilder von einem sterbenden Mann im Krankenbett. Nur Büchners heisere Stimme ist kurz zu hören. Zu sehen sind die besorgten Blicke seiner Frau und seiner Kinder. Als die Familie erfährt, dass Büchner Metastasen im Kopf und nur noch wenige Tage zu leben hat, werden die Dreharbeiten abgebrochen.

Büchner und seine Familie sind nicht die einzigen, die auch den Tod zu einem öffentlichen Fernseh-Thema machen. Vor zehn Jahren starb der britische Reality-TV-Star Jade Goody im Alter von nur 27 Jahren – wie Büchner ebenfalls an Krebs. Sie erhielt die Diagnose vor laufenden Kameras im indischen „Big Brother“-Haus und zog sich auch danach nicht aus der Öffentlichkeit zurück – im Gegenteil. Ihre Hochzeit mit ihrem Partner Jack Tweed wurde ein Medienereignis. Goody trug ein weißes Kleid und Glatze. Einen Monat später war die Mutter von zwei kleinen Kindern tot. Goody begründete die Vermarktung ihres Krebsleidens ganz offen auch mit finanziellen Gründen und damit, dass ihre beiden Söhne es einmal besser haben sollen als ihre aus armen Verhältnissen stammende Mutter.

Auch Familie Büchner hat mit „Malle-Jens“, dem Vox-Schlachtross, Dschungelcamper und unverdrossenen Ballermann-Sänger, ihren Ernährer verloren. Büchner hinterlässt fünf leibliche und drei Stiefkinder und war mit 49 Jahren sogar schon Großvater.

2011 war Büchner durch die Auswanderer-Sendung bekannt geworden, später sang er am Ballermann „Pleite aber sexy“, war 2017 im RTL-Dschungelcamp dabei und im Sommer 2018 – wenige Monate vor seinem Tod – mit seiner Frau im „Sommerhaus der Stars“. Gemeinsam eröffneten sie auch die „Faneteria“ – ein Café für Büchner-Fans.

 „Natürlich bin ich jetzt als alleinerziehende Mutter von fünf Kindern auch froh, dass es die Faneteria und ‚Goodbye Deutschland’ gibt und ich so auch nach Jens’ Tod für unsere Familie sorgen kann“, sagt Daniela Büchner. Für sie heißt es: Die Show muss weitergehen. „Wir haben beschlossen, erstmal auf Mallorca zu bleiben und das Team von „Goodbye Deutschland“ wird uns dabei weiter begleiten.“

(dpa)
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