Der Papst der Feinschmecker

Lyon · Er ist das Aushängeschild der französischen Küche – und ein geschäftstüchtiger Unternehmer. Können und drei Sterne verhalfen Paul Bocuse zu einem Gastronomie-Imperium. Jetzt wird der Küchenpapst 90.

Das Kochen überlässt Paul Bocuse schon lange anderen. Nicht nur, dass der Küchenmeister, der heute 90 Jahre alt wird, gebrechlich ist und unter Parkinson leidet. Vor allem hat es der Franzose als gefeierter "Küchenpapst" und "Jahrhundertkoch" schon lange nicht mehr nötig, selbst den Kochlöffel zu schwingen. Paul Bocuse ist längst zur Legende geworden und zum Inbegriff französischer Kochkunst.

Gefeiert wird diese Kochkunst - ebenso wie Bocuse selbst - in seinem nahe Lyon gelegenen Restaurant "Auberge du Pont de Collonges". Das Haus mit der grün-rosa Fassade zieht unvermindert Feinschmecker aus aller Welt an. Auf der Speisekarte stehen bis heute berühmte Bocuse-Gerichte wie die Trüffelsuppe "VGE" , die der Starkoch 1975 für den damaligen Staatschef Valéry Giscard d'Estaing kreierte, oder Bressehuhn mit Morchelsoße.

Die Liebe zum Kochen wurde Bocuse in die Wiege gelegt. Seine Vorfahren hatten schon in der Mitte des 18. Jahrhunderts eine Gaststätte, seine Eltern betrieben in Collonges-au-Mont-d'Or die "Auberge du Pont". Der junge Bocuse lernte unter anderem bei der legendären Drei-Sterne-Köchin Eugénie Brazier in Lyon , ehe er das Restaurant der Eltern übernahm. 1958 verlieh ihm der "Guide Michelin " seinen ersten Stern, der zweite folgte nur zwei Jahre später. 1965 dann erhielt der Franzose den dritten Stern und damit die höchsten Küchenweihen.

Berühmt wurde Bocuse als einer der Wegbereiter der "Nouvelle Cuisine". Mitte der 70er Jahre erschien in Deutschland und anderen Ländern sein Buch "Die neue Küche" - eine Küche, die auf erstklassige, frische Zutaten und beste Zubereitung setzte, während viele Hausfrauen gerade Konserven und Tiefkühlkost für sich entdeckt hatten. Die Auswüchse der "Neuen Küche", in der neben guten Zutaten auch die aufwendige Präsentation eine wichtige Rolle spielt, nahm er einmal selbst aufs Korn: "Die ,Nouvelle Cuisine', das war: nichts auf dem Teller und viel auf der Rechnung." Einen Sinn für Geld hatte der geschäftstüchtige "Monsieur Paul" schon früh: Als kulinarischer Globetrotter tourte er um die Welt, eröffnete Restaurants in Japan und in den USA und baute sich ein wahres Küchenimperium auf.

Für viele Spitzenköche in aller Welt ist Bocuse bis heute ein Vorbild. Um seine Fertigkeiten an die Jüngeren weiterzugeben, gründete er 1990 in Ecully bei Lyon seine eigene Hotel- und Kochschule. Dass es der Starkoch mit traditionellen Werten nicht so genau nimmt, wurde ihm sogar im katholischen Lyon verziehen: Ehefrau Raymonde hat sich mit zwei Nebenfrauen des Kochs abgefunden. "Wir leben heute zu lange, um ein ganzes Leben mit einer Einzigen zu verbringen", sagte Bocuse dazu.

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