Der Fluch der drei Sterne

Paris · Benoît Violier galt als einer der weltbesten Gastronomen. Jetzt ist der französisch-schweizerische Koch tot – vermutlich war es Suizid. Sein Tod entfacht erneut die Debatte über den Leistungsdruck in der Branche.

Der mutmaßliche Suizid des französisch-schweizerischen Starkochs Benoît Violier hat in der Gastronomiewelt Trauer und Entsetzen ausgelöst. Paul Bocuse würdigte den Verstorbenen gestern als "großen Koch, großen Mann, gigantisches Talent", auch andere Spitzenköche brachten ihre Anteilnahme zum Ausdruck. Der gefeierte Drei-Sterne-Koch hatte sich nach Angaben der Polizei offenbar in seinem Schweizer Wohnort erschossen. Die Leiche des 44-Jährigen wurde am Sonntag in seinem Haus im nahe Lausanne gelegenen Crissier gefunden, wie die Polizei mitteilte. "Der Betroffene hat seinem Leben vermutlich mit einer Schusswaffe ein Ende gesetzt," hieß es weiter. Polizeiliche Ermittlungen sollen nun die genauen Todesumstände klären.

In Crissier betrieb Violier sein mit drei Michelin-Sternen dekoriertes "Restaurant de l'Hôtel de Ville". Erst im Dezember war der gefeierte Gourmettempel im französischen Gastronomie-Ranking "La Liste" zum besten Restaurant der Welt gekürt worden. Violier hatte das Restaurant 2012 gemeinsam mit seiner Frau Brigitte übernommen. 2013 wurde er von der Schweizer Ausgabe des Restaurant- und Hotelführers Gault Millau als Koch des Jahres ausgezeichnet.

Der französische Starkoch Marc Veyrat würdigte Violier als "Ausnahmekoch", der der Welt fehlen werde. Die Sterneköchin Anne-Sophie Pic zeigte sich "furchtbar traurig" und sprach Violiers Familie ihre Anteilnahme aus. Violiers Tod weckt Erinnerungen an den Suizid des französischen Starkochs Bernard Loiseau. Der ebenfalls mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnete Küchenchef hatte sich 2003 im Alter von 52 Jahren das Leben genommen. Zuvor hatte der Gault Millau ihm mehrere Punkte aberkannt, außerdem gab es Gerüchte, Loiseau könnte einen seiner drei Michelin-Sterne verlieren - was sich damals aber als falsch herausstellte. Loiseaus Tod wird immer wieder als Beispiel genannt, wenn es um den enormen Druck in der Spitzengastronomie und die Fokussierung auf die Urteile von Gastrokritikern geht. Der Tod des Sternekochs Benoît Violier hat gestern die Veröffentlichung der neuesten Ausgabe des Guide Michelin für Frankreich überschattet. Vor Bekanntgabe der Sterne des Jahres 2016 wurde in Paris eine Schweigeminute in Erinnerung an Violier abgehalten. "Die ganze Gastronomieszene weint, denn wir verlieren einen großen Monsieur der Spitzengastronomie, einen Kollegen und Freund", sagte Spitzenkoch Christian Le Squer, dessen Restaurant "Le Cinq" im Pariser Luxushotel "George V" gestern mit einem dritten Michelin-Stern geehrt wurde. Auch der Elsässische Gastronom Philippe Labbé wurde ausgezeichnet. Sein Restaurant "L'Arnsbourg" in Baerenthal, bekam in diesem Jahr einen Stern. Im Vorjahr hatte es drei Sterne verloren, nachdem Koch Jean Georges Klein das Restaurant verlassen hatte. Auch das Straßburger Restaurant "Au Crocodile" wurde wieder mit einem Stern ausgezeichnet. Auf zwei Michelin-Sterne aufgewertet wurden die elsässischen Restaurants "Villa René Lalique" in Wingen-sur-Moder und das "JY'S" in Colmar.

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