Am Tacho geschraubt

Köln · Es braucht nur einen Tastendruck – und schon ist der Kilometerstand niedriger und der „Gebrauchte“ kann viel teurer verkauft werden. Schätzungsweise jedes dritte Auto soll betroffen sein.

Gebrauchtwagenkauf ist Vertrauenssache - das gilt nach einer Studie des Tüv Rheinland besonders beim Thema Tachobetrug. Demnach halten 44 Prozent der Befragten illegale Tachomanipulation für ein Problem. Sie gehen davon aus, dass bei knapp einem Drittel aller gebrauchten Autos der Kilometerstand heimlich zurückgedreht wurde. Für seine Umfrage hatte der Tüv sowohl private Käufer als auch private Verkäufer von Gebrauchtfahrzeugen befragt.

Nach Angaben des ADAC verursachen Tacho-Betrüger jährlich einen Schaden von hochgerechnet sechs Milliarden Euro, jedes dritte Auto sei betroffen. Hersteller und Händlerverbände halten das für zu hoch gegriffen, valide Zahlen liegen nicht vor. "Es gibt ein riesiges Dunkelfeld. Oft ist es schwierig, den Betrug nachzuweisen", sagt Martin Lotz, Leiter der Direktion Verkehr der Polizei Köln .

Geräte zum Verändern des Tachostands kann jeder frei im Internet kaufen. In Sekundenschnelle lässt sich damit die Kilometerzahl reduzieren. Ein argloser Käufer zahlt dann nicht nur beim Kauf zu viel, sondern habe als Folge möglicherweise auch höhere Reparaturkosten , sagt Tüv-Bereichsvorstand Jürgen Brauckmann gestern in Köln . Hinzu komme das Sicherheitsrisiko, weil der Neubesitzer Wartungsintervalle verpassen könnte. Bislang wird Tacho-Betrug mit höchstens einem Jahr Haft bestraft.

Der ADAC fordert technische Lösungen: Ein schon in Neuwagen eingebauter Chip könne Tacho-Manipulationen zumindest erheblich erschweren, sagt ein Sprecher. "Die Hersteller könnten das schon seit Jahren tun, es wäre für sie im Grunde ein Klacks", sagt auch die Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mechthild Heil.

Die Hersteller arbeiteten kontinuierlich daran, Maßnahmen gegen Tachomanipulation zu verbessern, sähen sich aber im Wettlauf mit den Betrügern, sagt ein Sprecher des Verbands der Automobilindustrie (VDA). "Bei dem ständigen technischen Fortschritt geht es immer darum, dem jeweils anderen eine Nasenlänge voraus zu sein." Um Tacho-Betrug zu erschweren, seien deshalb zusätzliche Datenerhebungen von Fahrzeugen sinnvoll.

Mehrere Unternehmen arbeiten bereits am Aufbau von Datenbanken , die die Kilometerstände von Autos erfassen sollen, etwa bei Werkstattbesuchen und Hauptuntersuchungen . Dabei setzt Unionspolitikerin Heil auf freiwillige Teilnahme - alles andere sei datenschutzrechtlich schwierig.

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HintergrundIndizien, auf die man bei Manipulationsverdacht achten sollte: Dazu zählt ein stark verschlissener Innenraum, der nicht zur geringen Kilometerzahl passen will. Auch der Ölwechselaufkleber kann Hinweise liefern: "Wenn das Öl laut Kleber bei 180 000 Kilometern ausgetauscht werden muss, der Tacho 100 000 Kilometer zeigt, stimmt etwas nicht", sagt Philipp Schreiber vom Tüv Süd. In der Regel steht der Ölwechsel alle 30 000 Kilometer an. dpa

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