Orchestrale Blähungen, seltene Lichtblicke

Saarbrücken. Sting gehört nicht zu den Rockstars, die zwanghaft versuchen, jugendliche Wildheit bis ins Alter zu konservieren. Der 58-jährige Engländer, der beschaulich auf einem Weingut in der Toskana lebt, versucht mit jedem Album eine neue Facette an sich zu entdecken. Das kann zu hörenswerten Ergebnissen führen

Saarbrücken. Sting gehört nicht zu den Rockstars, die zwanghaft versuchen, jugendliche Wildheit bis ins Alter zu konservieren. Der 58-jährige Engländer, der beschaulich auf einem Weingut in der Toskana lebt, versucht mit jedem Album eine neue Facette an sich zu entdecken. Das kann zu hörenswerten Ergebnissen führen. Seine Beschäftigung mit Liedern des Renaissance-Komponisten John Dowland, für die er Gesangsunterricht an der Basler Schola cantorum nahm, war nur Puristen ein Gräuel. Wenn man sich darauf einließ, konnte man fasziniert sein von Stings rauchig-zarten Interpretationen dieser schmerzvollen Lieder. Auch mit seinem Weihnachtsprogramm, das er im Dezember im Festspielhaus Baden-Baden präsentierte, überzeugte er nicht nur bei den Folksongs, sondern auch bei Schuberts "Leiermann". Nur gelegentlich fragte man sich doch: Sting, wo ist Dein Stachel?Das Kammerorchester, das bei jener Tournee mit dabei war, ist nun bei der neuen CD "Symphonicities" zum ganz großen Klangkörper erweitert. Mit dem Royal Philharmonic Concert Orchestra hat Sting einige seiner Hits sowie ein paar weniger bekannte Stücke symphonisch aufgebläht. Streicherteppiche treffen auf Hornrufe, Harfen-Arpeggi auf Oboensoli. Das geht in den meisten Fällen schief: Viele Songs wirken kraftlos, kommen nicht auf den Punkt. Sie sind nur noch flauschiger und noch bequemer, eine ideale Einschlafhilfe. "The End Of The Game" ist so weich gebettet, dass man Rückenschmerzen fürchten muss. Man sehnt sich nach der schlichten Kraft von Bass, Gitarre und Schlagzeug.Aber es gibt auch Lichtblicke. "Roxanne" lässt Vertrautes neu erscheinen: ein kurzes Fugato als Vorspiel, ehe Sting eine Oktave tiefer als gewohnt einsetzt. Kein gellender Verzweiflungsschrei, sondern tiefes Mitgefühl mit diesem Mädchen, das seinen Körper verkauft. Nur die Soli von Oboe, Cello und Klarinette überladen das Ganze wieder einmal - leider.Sting: Symphonicities (DG).

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