Opel steht erneut am Abgrund

Rüsselsheim. Der Autobauer Opel steht erneut am Abgrund: Die Sanierung stockt, das Klima zwischen Arbeitnehmern und Management ist so eisig wie der deutsche Winter, und auch der westeuropäische Automarkt verheißt für den kriselnden Autobauer nichts Gutes

Rüsselsheim. Der Autobauer Opel steht erneut am Abgrund: Die Sanierung stockt, das Klima zwischen Arbeitnehmern und Management ist so eisig wie der deutsche Winter, und auch der westeuropäische Automarkt verheißt für den kriselnden Autobauer nichts Gutes. Bei den Gesprächen mit europäischen Betriebsräten musste Unternehmens-Lenker Nick Reilly erkennen: So schnell wie erhofft wird er die Gegenseite nicht von den Vorzügen seines Sanierungskonzepts überzeugen können.Vergangene Woche hatte Reilly mit der Ankündigung überrascht, das Restrukturierungskonzept sei fertig, nur die Unterschriften fehlten - diese erwarte er bis Mitte Februar. Doch Arbeitnehmer und Gewerkschaften sind nicht bereit, einen Vertrag zu unterschreiben, der ihnen Gehaltseinbußen von jährlich 265 Millionen Euro auferlegt und den Abbau von 10 000 Stellen vorsieht - rund 2000 mehr als bisher angekündigt -, aber ihre Kernforderungen nach einer Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter oder dem Verzicht auf Werkschließungen ignoriert. Laut Gesamtbetriebstratschef Klaus Franz soll nicht nur Antwerpen mit 2600 Mitarbeitern dichtgemacht werden, in Deutschland sollten nach dem jüngsten Konzept 4800 Jobs in der Fertigung und der Entwicklung wegfallen. Zusätzlich stünden 650 Jobs in der Verwaltung zur Disposition.Opel wiederum wies die Zahlen als unsinnig zurück. "Wir bleiben bei 8300 Jobs in Europa, davon rund 4000 in Deutschland", sagte ein Sprecher. Der Betriebsrat habe 2000 Mitarbeiter hinzugerechnet, die schon 2006 Altersteilzeitverträge unterzeichnet hätten und nun in das entsprechende Alter kämen. "Die haben mit dem Sanierungsplan überhaupt nichts zu tun."Angesichts der Auseinandersetzungen taucht auch die Furcht vor einer Insolvenz wieder auf. "Das Unternehmen ist in einer dramatischen Situation", sagt Opel-Aufsichtsrat Armin Schild (Foto: SZ). Der US-Mutterkonzern General Motors (GM) will für die 3,3 Milliarden Euro teure Sanierung bei den Opel-Ländern europaweit rund 2,7 Milliarden Euro Steuergelder einsammeln. Laut Betriebsrat will GM sich nicht mit eigenen Beiträgen an der Restrukturierung beteiligen. Zweifel sind angebracht, ob die Politik in Deutschland da mitspielt. Weil Opel auf versprochene 500 Millionen Euro aus Belgien verzichtet - und stattdessen rund eine halbe Milliarde Euro in die Schließung in Antwerpen steckt - droht es eng zu werden. Außerdem kritisiert der Betriebsrat die Personalpolitik des Unternehmens. Während frei werdende Stellen in Bereich Entwicklung nicht ersetzt würden, obwohl viele neue Projekte bewältigt werden müssten, solle gleichzeitig der vorgesehene Abbau von rund einem Drittel der Stellen im Management entfallen - es seien sogar Neueinstellungen geplant. Außerdem seien Mitarbeiterbeiträge in Milliardenhöhe geplant, aber keine finanziellen Beiträge des Managements: "Sie wollen sich mit Sonder-Boni bedienen", kritisiert der europäische Betriebsrat. Auch werfen Betriebsrat und IG-Metall Reilly offenen Vertragsbruch vor. "Die Absicht von Opel/Vauxhall, ein neu entwickeltes Opel-Modell nicht mehr in Antwerpen zu produzieren, sondern die Fertigung nach Korea zu verlagern, verstößt offen gegen vertragliche Zusagen", sagt Gewerkschafts-Chef Berthold Huber. Es könne nicht sein, dass Werkschließungen mit Arbeitnehmerbeiträgen finanziert würden. dpa "Das Unternehmen ist in einer dramatischen Situation." Armin Schild, IG-Metall-Bezirks-leiter und Opel-Aufsichtsrats-mitglied

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