„Opel für uns lebenswichtig“

Rüsselsheim · Seit knapp zwei Wochen sitzt Mary Barra beim US-Autoriesen GM am Steuer. Ihre erste Auslandsreise führte sie zur lange kränkelnden Europa-Tochter Opel. Sie kündigte ein neues Modell für das Werk Rüsselsheim an.

Dieser Besuch hat Symbolcharakter: Ihre erste Auslandsreise als neue starke Frau beim US-Autokonzern General Motors führt Mary Barra zum Sorgenkind Opel. "Für mich war es sehr wichtig, das Bekenntnis von GM zu Opel zu unterstreichen - ebenso wie den Stellenwert von Opel für den Gesamtkonzern", betont die erste Frau an der Spitze eines Automobilkonzerns. "Opel ist eindeutig ein lebenswichtiger Teil unseres Unternehmens", sagte sie, wie das "Handelsblatt" berichtete. Sie weiß aber auch, dass Opel seine Talfahrt noch nicht hinter sich hat: "Wir müssen unsere Fortschritte weiter beschleunigen." Denn das Ziel lautet unverändert: Spätestens 2016 soll Opel die Gewinnschwelle erreichen.

Auf dieses Ziel hin hat sich schon einiges getan. Auch dank Karl-Thomas Neumann, der seit März 2013 Vorstandschef bei Opel. Die Verluste sinken, erstmals seit 14 Jahren verliert Opel in Europa keine Marktanteile mehr. Der Geländewagen (SUV) Mokka wird in Spanien statt in Korea vom Band laufen. Das verringert die Überkapazitäten der Opel-Werke. Und mit dem angekündigten Abzug der GM-Marke Chevrolet aus Europa wird der konzerninterne Markenkannibalismus beendet.

Doch 2014 rechnet GM noch nicht mit Gewinnen aus dem Europageschäft. Im Gegenteil: Um die Überkapazitäten abzubauen, müssen die Mitarbeiter Opfer bringen. Das trifft vor allem die Kollegen in Bochum. Die Autofertigung im Ruhrgebiet wird zum Jahresende eingestellt. Barra unterstreicht in Rüsselsheim, dass sie um die Nöte der Belegschaft weiß. Ende 2013 beschäftigte GM in Europa noch 35 400 Menschen, nach 37 100 ein Jahr zuvor.

Im Opel-Stammwerk müssen sich die Beschäftigten derzeit wohl aber keine großen Zukunftssorgen machen. "Wir werden die Zukunft des Werkes mit einem neuen Modell sicherstellen", sagt die Managerin. Bis 2016 wolle GM vier Milliarden Euro in Deutschland und Europa investieren, damit Opel 23 neue Produkte und 13 neue Motoren auf den Markt bringen könne. Sie lächelt, wirkt in sich ruhend und professionell. Vom selbstherrlichen Gehabe früherer GM-Bosse ist nichts zu spüren. Ihr Vorgänger Dan Akerson sagte erst kürzlich über sie im "Handelsblatt": "Mary Barra ist tough. Sie mag nett aussehen, aber hinter der Fassade verbirgt sich ein Kern, der ist hart." Barra sei ein bescheidener Mensch, der von vielen gemocht werde: "Aber sie kann schwierige Entscheidungen treffen und den Druck aushalten."

Mary Barra hat bei General Motors von der Pieke auf gelernt. Nun soll ausgerechnet sie den dafür sorgen, dass GM nicht mehr in den Trott zurückfällt, der vor fünf Jahren in die Beinahepleite führte? Barras Generation im Unternehmen habe aus den Fehlern der früheren Chefs gelernt, sagte der frühere Chef Akerson. Unter Barra lernten die Teams in den verschiedenen Ländern und bei den verschiedenen Marken, stärker zusammenzuarbeiten. Heraus kamen bessere Autos, die nach langer Zeit sogar wieder Preise für Design und Qualität abräumten. "Mary mag seit 30 Jahren hier sein", sagte Akerson. "Aber Mary steht für den Wandel", versicherte er jüngst in einem Interview mit dem US-Magazin "Businessweek".

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