Olympia für alle

Ja. Olympische Spiele sind verdammt teuer. Milliarden von Euro könnten Schulen, Kindergärten oder die Verkehrsinfrastruktur hierzulande auch gut gebrauchen. Und ja, der ganze Kommerz, die Macht der Konzerne und der greisen Funktionäre aus allen möglichen Ländern, die an den Spielen verdienen und unerhörte Privilegien einfordern, sind schon ein Ärgernis.

Man kann Olympia deswegen verabscheuen.

Man kann Olympia aber auch toll finden. Wegen des Völkerverbindenden, wegen der Wettbewerbe und ihrer Dramatik, für die die Athleten mit ihrem Einsatz sorgen. Kurzum wegen der Einzigartigkeit der olympischen Idee. Kaum jemand kann sich ihr entziehen, so wie sich fast keiner dem Sommermärchen der Fußball-WM 2006 entziehen konnte. Ein wunderbares Erlebnis. Deutschland tut deshalb gut daran, sich wieder für die Olympischen Spiele zu bewerben - und damit zu zeigen, dass es auch ohne rücksichtslosen Gigantismus geht, also anders als in Sotschi 2014; dass heutzutage nicht nur Diktaturen noch in der Lage sind, solche Großereignisse auszurichten.

Das muss das Ziel und die Seele einer deutschen Bewerbung sein: Olympia fürs Volk, nicht mehr nur für einige wenige in der Champagneretage. Überschaubar, nachhaltig, transparent, bürgernah. So gewinnt man auch die Bevölkerung für einen solchen Schritt. So lässt sich das Geld für die Spiele mobilisieren, das eben nicht in Schulen oder Kindergärten fließen würde, wenn man auf das Vorhaben verzichtete. Ob das möglich ist, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Auch, ob das IOC seinen eigenen, neuen Reformansprüchen gerecht werden will.

Die besseren Karten hat seit gestern Hamburg , nicht Berlin . Wegen einer Umfrage unter jeweils 1500 Bürgern. Das aber ist absurd. Es kann nicht sein, dass eine so wichtige Entscheidung für beide Städte und ihre Bürger, für die Athleten und die Sportverbände in die Hand von Demoskopen gegeben wird. Doch diesen Anschein hat der DOSB erweckt, als er die Umfrage zur Vorentscheidung stilisierte. Das ist Olympia nach Stimmungslage. Dahinter steckt natürlich die Sorge, wieder unterzugehen wie einst in München, als ein Bürgerentscheid mögliche Winterspiele 2022 ablehnte. Das war ein Desaster für die Funktionäre und die Politik. Deswegen wurde jetzt schon mal die Begeisterung abgefragt.

Was aber zählen muss, sind die Konzepte, die Hamburg und Berlin verfolgen. Zu Sportstätten, Verkehrsinfrastruktur , zur Unterbringung von Besuchern und Athleten. Diese Kriterien sind weit wichtiger als erste Umfragen. Man kann nur hoffen, dass die Funktionäre am Ende auch genau danach entscheiden, wenn es gilt, den Bewerber endgültig zu bestimmen. Alles andere wäre unfair und unsportlich.

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