Obama bereitet den Boden für ein Friedens-Pflänzchen

Washington/Jerusalem. Um ein Haar wäre die Magnolie, die US-Präsident Barack Obama im Garten des israelischen Präsidenten Schimon Peres pflanzte, wieder ausgegraben worden. Die Amerikaner hatten es versäumt, den Baum bei der Einfuhr offiziell auf artfremde Organismen überprüfen zu lassen

Washington/Jerusalem. Um ein Haar wäre die Magnolie, die US-Präsident Barack Obama im Garten des israelischen Präsidenten Schimon Peres pflanzte, wieder ausgegraben worden. Die Amerikaner hatten es versäumt, den Baum bei der Einfuhr offiziell auf artfremde Organismen überprüfen zu lassen. Doch das Agrarministerium zeigte sich flexibel, die Tests am Gastgeschenk dürfen ausnahmsweise an Ort und Stelle vorgenommen werden.Die Episode steht sinnbildlich für die Lage, in der sich Obama im Nahen Osten wiederfindet. Der Friedensnobelpreisträger mag zwar die Saat für eine Zwei-Staaten-Lösung auswerfen - ohne den Willen von Israelis und Palästinensern wird sie aber nicht keimen. Die erste Auslandsreise seiner zweiten Amtszeit sollte dafür den Boden bereiten. Vor allem bei den Israelis, die den Amerikaner fast so kritisch sehen wie deren arabische Nachbarn.

Das könnte an Obamas Rolle als "ehrlicher Makler" liegen, es könnte aber auch Zeichen mangelnder Sensibilität gegenüber den Empfindlichkeiten in der Region sein. Die Wahrheit dürfte irgendwo dazwischen liegen. Tatsächlich hatte Obama nach seiner ersten Wahl ins Weiße Haus kritische Distanz zur rechtsgerichteten Likud-Regierung Benjamin Netanjahus gezeigt. Er bestimmte George Mitchell zum Nahost-Sondervermittler, der sich wegen seiner Unabhängigkeit im Nordirland-Konflikt einen Namen gemacht hatte. Dass der Präsident dann nach Kairo reiste, ohne einen Abstecher nach Jerusalem einzuplanen, verübeln ihm viele Israelis bis heute.

Nun aber sandte Obama ein klares Signal mit der Kranzniederlegung am Denkmal für Theodor Herzl und dem Besuch der hebräischen Schriftrollen, die am Toten Meer gefunden wurden. Beides gilt als Verbeugung vor dem historischen Anspruch der Israelis auf das Heilige Land. Höhepunkt der Annäherung war dann die bewegende Rede des Präsidenten in Jerusalem: ein Bekenntnis zur engen Freundschaft, aber auch ein direkter Appell, Sicherheit durch Frieden und zwei Staaten zu schaffen.

Das könnte auf mittlere Sicht helfen, Zugeständnisse von Netanjahu beispielsweise bei der Siedlungspolitik zu erreichen. Innerhalb der neuen israelischen Koalition gehen die Meinungen darüber so weit auseinander wie über die Zwei-Staaten-Lösung an sich. Vergleichbar zerrissen zeigt sich aber auch die andere Seite: Ehe Obama zur Stippvisite bei Palästinenserpräsident Mahmud Abbas abreiste, feuerten Extremisten aus dem Gazastreifen Raketen auf die Grenzstadt Sderot ab, die Obama 2008 als Präsidentschaftskandidat besuchte.

Tragisch ist, dass die Wiederbelebung des Friedensprozesses wegen des Konflikts in Syrien und dem Atomstreit mit dem Iran in den Hintergrund tritt. Hinweise auf den Einsatz von Chemiewaffen durch syrische Truppen wertet Obama als möglichen Wendepunkt - eine robustere militärische Antwort ist somit nicht mehr ausgeschlossen. Ähnlich könnte die Entwicklung beim Iran verlaufen, wenngleich Obama hier eindringlich zu Geduld mahnt. Frieden sei einem Krieg mit all seinen unvorhersehbaren Konsequenzen vorzuziehen. Niemand weiß das besser als die Betroffenen in der Region. Bei ihnen neues Vertrauen zu schaffen, wäre schon eine ganze Menge als Bilanz eines zweitägigen Besuchs. Zumindest in dieser Hinsicht scheint Obama Fortschritte gemacht zu haben.

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