Nur mit Geschlossenheit ist der Euro zu retten

Brüssel. Der Euro lebt. Aller Dramatik dieses Wochenendes zum Trotz haben die Spitzen der Europäischen Union das einzig richtige Signal an die Finanzmärkte gesandt. Kein Land wird Bankrott gehen. Im Netz der Gemeinschaftswährung gibt es keine Löcher, durch die ein Pleitekandidat fallen könnte

Brüssel. Der Euro lebt. Aller Dramatik dieses Wochenendes zum Trotz haben die Spitzen der Europäischen Union das einzig richtige Signal an die Finanzmärkte gesandt. Kein Land wird Bankrott gehen. Im Netz der Gemeinschaftswährung gibt es keine Löcher, durch die ein Pleitekandidat fallen könnte. Die Botschaft ist unmissverständlich: Wenn ihr Spekulanten weiter auf ein Ende des Euro setzen wollt, werdet ihr viele Milliarden verlieren. Lange, zu lange haben die Staats- und Regierungschefs mit diesem Signal gezögert. Die Krise Griechenlands wurde - zunächst allerdings zu Recht - als Problem der Hellenen abgetan, die latenten Gefahren für den ganzen Euro-Raum wurden dabei übersehen. Dabei lagen sie auf der Hand, weil sie hausgemacht sind, sie lassen sich in jedem Protokoll der Finanzminister-Tagungen nachlesen: Staaten, die ständig über ihre Verhältnisse leben, haben den Spekulanten wenig entgegenzusetzen. Der "Fall" des Euro erscheint jetzt in einem anderen Licht als früher. Ein Kurs von 1,27 zum Dollar ist trotz der Verluste der vergangenen Woche keine Katastrophe - 2001 und 2002 bummelte die Gemeinschaftswährung unter 90 Cent. Doch dieses Mal gab die Union ihre verwundbarste Stelle preis: ihre Geschlossenheit. Während die einen schon von einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung träumten, blockten die anderen viel zu lange alles ab, was nach Eingriffen in die nationale Ökonomie hätte aussehen können. Niemand sollte sagen, dass es dafür nicht gute Gründe gab. Es gab sie. Aber jetzt nicht mehr. Deutlicher, als es je ein Streit bei einem EU-Gipfel zu Tage bringen könnte, haben die Märkte die Uneinigkeit der Union entlarvt und die Gemeinschaftswährung sturmreif spekuliert. Wurde der "systematische Angriff", den Euro-Zonen-Chef Jean-Claude Juncker ausgemacht hatte, jetzt endgültig abgewehrt? Wenn die Finanzmärkte die Beschlüsse vom Wochenende wirklich als starkes Signal und nicht als hektisches Strampeln vor dem Untergang annehmen sollen, muss die Einigkeit nun in konkrete Formen gegossen werden. Ein Mechanismus zur Krisen-Intervention ist gut, aber man darf ihn nicht brauchen müssen. Nicht nur in Griechenland, sondern in allen Mitgliedstaaten bedarf es ehrgeiziger Sparbeschlüsse, die deutlich machen, dass man zwar eine schmerzhafte Lektion erteilt bekommen, diese aber auch verstanden hat. Und außerdem darf sich die EU weder mit der Verschärfung des Euro-Paktes noch mit der so genannten Wirtschaftsregierung viel Zeit lassen. Die in diesen Tagen zunächst vermisste Geschlossenheit muss auf verlässliche Füße gestellt werden. Europa darf nie wieder angreifbar werden. Das zu erreichen, haben die Mitgliedstaaten selbst in der Hand. Sie setzten die Stabilität des Euro aufs Spiel, als sie gnadenlos ihre eigenen Zusagen brachen. Und damit sind nicht die punktuellen Konjunkturprogramme gegen die Wirtschaftskrise gemeint. Es geht vielmehr um die systematische Gleichgültigkeit, mit der eine bunte Palette nationaler Versprechungen auf Pump finanziert und ein hemmungsloser Protektionismus herbeigeredet wurde. Die Europäer (und damit sind nicht nur die Politiker gemeint) sollten an diesem Wochenende begriffen haben, dass sie nur als Gemeinschaft unverletzbar sind. Dann müssen sie sich auch um den Euro keine Sorgen machen.

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