Notenbank-Chef Bernanke verliert Halt

Washington. Kürzlich erst kürte das "Time"-Magazin Ben Bernanke (Foto: afp) für seine Rolle bei der Rettung des globalen Finanzsystems zum "Mann des Jahres". Als US-Präsident Barack Obama im Sommer seinen Urlaub auf Martha's Vineyard unterbrach, um ihn zur Wiederwahl vorzuschlagen, galt seine Bestätigung durch den Senat als sicher

Washington. Kürzlich erst kürte das "Time"-Magazin Ben Bernanke (Foto: afp) für seine Rolle bei der Rettung des globalen Finanzsystems zum "Mann des Jahres". Als US-Präsident Barack Obama im Sommer seinen Urlaub auf Martha's Vineyard unterbrach, um ihn zur Wiederwahl vorzuschlagen, galt seine Bestätigung durch den Senat als sicher. Wenige Tage vor Ablauf seiner ersten Amtszeit am 31. Januar äußern nun immer mehr Senatoren Bedenken, ob Bernanke der richtige Mann für den Job ist.Beflügelt von Volkes Zorn über Rekord-Bonuszahlungen und Bankenrettung wackelt die Unterstützung für den Republikaner, der nun nicht mehr als Retter des Systems, sondern Teil des Problems gesehen wird. "Unter Aufsicht von Ben Bernanke hat die Federal Reserve völlig unverantwortliche finanzielle Aktivitäten erlaubt, die zu der größten Finanzkrise seit der Großen Depression führten", echauffiert sich der liberale Senator Russ Feingold, der sich als einer der Wortführer gegen eine zweite Amtszeit Bernankes hervortut. "Es wird Zeit für einen Wechsel", feuert auch die einflussreiche kalifornische Senatorin Barbara Boxer (Demokraten) eine Breitseite gegen den von George W. Bush an die Spitze der FED berufenen Ökonomen.Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, verschob bereits einmal die für vergangene Woche geplante Bestätigung Bernankes. Während er sich selber am Wochenende mit Vorbehalten auf die Seite des FED-Chefs schlug, zeigte sich der bedrängte Senator aus Nevada keineswegs sicher, die notwendigen 60 Stimmen im Senat für eine zweite Amtszeit zu haben.Bisher erklärten elf Senatoren - darunter fünf Demokraten und sechs Republikaner - definitiv, sie wollten gegen eine zweite Amtszeit stimmen. Der Vorsitzende des Bankenausschusses Christopher Dodd (Demokraten) und sein republikanischer Kollege Judd Gregg stellten sich am Wochenende demonstrativ hinter Bernanke und prophezeiten dessen Bestätigung. Beunruhigt über die Perspektive eines möglichen Scheiterns Bernankes, startete das Weiße Haus am Wochenende eine PR-Offensive. Analysten an der Wall Street sehen bei einem Scheitern Bernankes die Gefahr heftiger Marktreaktionen. Nachdem der Dow Jones Index in der vergangenen Woche bereits mehr als fünf Prozent einbüßte, könnte nun auch der Dollar in Mitleidenschaft gezogen werden, heißt es. Als mögliche Ersatz-Kandidaten sind Obamas Wirtschaftsberater Lary Summers, Christina Romer und auch Paul Volcker im Gespräch. Politisch wäre die Nicht-Bestätigung eines Kandidaten des US-Präsidenten für die Spitze der amerikanischen Notenbank ein unerhörter Vorgang, für den es in der Geschichte kein Vorbild gibt. sp

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