Noch kein grünes Licht für E-Autos

Berlin · Noch immer fahren nur wenige Elektroautos auf den Straßen. Nach langen Diskussionen will die Politik nun zusammen mit der Branche einen Extra-Anschub festlegen – offen sind jedoch nicht nur Detailfragen.

Die Bundesregierung will schnell Klarheit über zusätzliche Impulse für die seit Jahren schwächelnde Nachfrage nach Elektroautos schaffen. Bis März soll ein gemeinsamer Handlungsrahmen mit der Autoindustrie entwickelt werden, kündigte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD ) nach einem Spitzentreffen bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU ) an. Dazu zählten der Ausbau des Ladenetzes, die Batterie-Produktion sowie "Instrumente zur Verbesserung der Marktentwicklung". Konkretere Angaben, etwa zu staatlichen Zuschüssen für Käufer, machte Gabriel nicht, betonte aber: "Deutschland will Leitmarkt auch für dieses neue Automobilzeitalter sein." E-Mobilität entscheide zusammen mit der Digitalisierung über die Zukunft der Branche. "Wir haben das Ziel, der E-Mobilität zum Durchbruch zu verhelfen", sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU ).

Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann , betonte, Entscheidungen zur Förderung der Elektromobilität sollten noch dieses Jahr wirksam werden. Wissmann sprach dabei von "gezielten direkten oder indirekten" Marktanreizen. Wissmann hatte mit den Konzernchefs Matthias Müller (VW ), Dieter Zetsche (Daimler) und Harald Krüger (BMW ) an dem Treffen im Kanzleramt teilgenommen. Zu einer finanziellen Beteiligung an einer Förderung äußerte sich die Branche nicht.

Die Regierung hatte vor dem Treffen deutlich gemacht, dass sie die Konzerne mit in die Pflicht nehmen will. Gabriel pocht darauf, dass künftige Generationen von E-Auto-Batterien in Deutschland produziert und nicht nur aus Asien zugekauft werden. Dobrindt fordert eine finanzielle Beteiligung am Ausbau des Strom-Ladenetzes.

In der Koalition machen sich SPD und CSU daneben für Kaufprämien stark, für die Gabriel eine Größenordnung von 5000 Euro pro Fahrzeug vorgeschlagen hat. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) lehnt dies ab. Regierungssprecher Steffen Seibert äußerte sich nicht dazu, inwiefern die Kanzlerin inzwischen Position bezogen hat. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte: "Ich erwarte von der Union, dass sie jetzt sagt, was geht, und nicht weiter auf der Bremse steht." Ohne einen gemeinsamen Kraftakt von Industrie und Politik werde der Umstieg zur klimafreundlichen Mobilität nicht gelingen.

Nach Ansicht von Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sollte ein staatlicher Zuschuss für den Kauf von Elektroautos mit einer Extrasteuer auf große Fahrzeuge bezahlt werden. "Aus meiner Sicht würde eine Kaufprämie nur dann sinnvoll sein, wenn sie aus einem Aufschlag auf die Besteuerung von Fahrzeugen mit hohem Spritverbrauch finanziert würde", sagte Hermann der Zeitschrift "Auto Motor und Sport".

Die Nachfrage nach Elektroautos in Deutschland ist weiter schwach. Im vergangenen Jahr wurden 12 363 E-Autos neu zugelassen - verglichen mit 3,2 Millionen Pkw insgesamt. Die Bundesregierung hält dennoch am Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 auf deutschen Straßen fest.

Meinung:

Prämien haben Tücken

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf

Im Prinzip ist es ja begrüßenswert, Alternativen zu Spritfressern und Abgasschleudern zu fördern. Doch welche Anreize die richtigen sind, ist gar nicht leicht zu sagen. Auf jeden Fall ist das Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 keine heilige Kuh. Es gilt also, genau zu überlegen, wofür Anreize gegeben werden und was sie bewirken. Die vom Wirtschaftsminister propagierte Kaufprämie für E-Autos könnte rasch auf eine staatliche Begünstigung überteuerter Wagen hinauslaufen und vor allem Gutbetuchten zugutekommen. Das kann niemand wollen. Am sinnvollsten ist öffentliches Geld wohl in Ladesäulen und der Batterietechnik-Forschung angelegt. Und ob es richtig ist, nur auf den Elektroantrieb zu setzen, ist noch nicht ausgemacht. Vielleicht ist ja zum Beispiel ökologisch gewonnener Wasserstoff der "Sprit" der Zukunft.

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