Neunkirchen als „feindliche Industriewelt“

Neunkirchen · Mit Benno Fürmann in der Titelrolle dreht der Homburger Regisseur Tarek Ehlail die düstere Zukunftsvision „Volt“. Die Drehorte liegen in Nordrhein-Westfalen und in Neunkirchen. Wir haben die Dreharbeiten besucht.

 Ein bisschen Maske muss auch bei Benno Fürmann sein. Der Schauspieler (43, „Anatomie“, „Die Grenze“) hat am Samstag einige Szenen des Films „Volt“ in Neunkirchen gedreht. Foto: Anika Meyer

Ein bisschen Maske muss auch bei Benno Fürmann sein. Der Schauspieler (43, „Anatomie“, „Die Grenze“) hat am Samstag einige Szenen des Films „Volt“ in Neunkirchen gedreht. Foto: Anika Meyer

Foto: Anika Meyer

Benno Fürmann schlendert ein paar Schritte über das alte Hüttenareal in Neunkirchen , die Kamera läuft. Bei dem strahlenden Sonnenschein an diesem Samstagmorgen und mit all den Menschen drumherum wirkt das relativ profan - wie ein Herbstspaziergang. Doch Fürmanns Haltung und der zerknirschte Blick deuten an, dass es im Film einmal bedeutungsschwere Schritte sein werden - in einer düsteren, einsamen Atmosphäre. "Es gibt viele stumme Sequenzen, in denen man nur diesen Mann sieht, der versucht, die richtige Entscheidung zu treffen", sagt Fürmann. "Dieser Mann" ist Volt . Im gleichnamigen Film, einer beklemmenden Zukunftsvision, ist er Grenzgänger zwischen den Welten der Armen und der Reichen. Er bekämpft Aufständische und gerät dabei in eine Situation, die sein Leben umkrempelt.

Regisseur Tarek Ehlail ist noch nicht ganz zufrieden. Die Maske sprüht und zupft nochmal, dann schickt er die Kamera erneut hinter Fürmann her: "Du lässt ihn erst mal laufen, dann schließt du zu ihm auf!". Dass der bekannte Schauspieler und der Self-Made-Regisseur ("Chaostage", "Gegengerade") im Saarland drehen, ist den alten Industrie-Arealen zu verdanken. Und der Tatsache, dass Ehlail, als gebürtiger Homburger, sie gut kennt. "Wir wollen von einer feindseligen Industriewelt erzählen, da passt das einfach." Dabei lässt er eigene Erfahrungen einfließen. Bevor Ehlail sich selbst in Regie unterrichtete und schon bald mit Größen wie Moritz Bleibtreu und Mario Adorf arbeitete, betrieb er zwei Piercingstudios und stand als Autonomer bei Demonstrationen oft Auge in Auge der Polizei gegenüber. "Ein Funke, und es knallte." Durch den Boxsport lernte er die Gegenseite kennen: Vereinskollegen, die bei der Polizei waren, die mit Ängsten zurechtkommen mussten, weil Flucht keine Option für sie war.

Ein weiterer Drehort im Saarland ist das alte Grubengelände in Landsweiler-Reden, alle übrigen liegen in Nordrhein-Westfalen. Doch nicht nur wegen der Drehorte nennt Ehlail "Volt " scherzhaft einen Heimatfilm. Denn "Volt " wurde im Saarland initiiert: Maximilian Leo, der den Film mit Jonas Katzenstein produziert, erklärt, das die Idee zuallererst bei SR-"Tatort"-Redakteur Christian Bauer Unterstützung fand und bei Gerd Bauer von den Saarland Medien. Auch die Stadt Neunkirchen , die den Günter-Rohrbach-Filmpreis ausrichtet, steuerte ein bisschen was bei - und Oberbürgermeister Jürgen Fried verfolgte an diesem Morgen interessiert den Dreh.

Fürmann konnte offenbar gut mit seiner ersten saarländischen Kulisse. "Was ein Ort, ein Spannungsfeld mitbringt, fließt automatisch mit ein", sagt er. Deshalb drehe er auch lieber an "wahrhaftigen Orten" als im Studio. Und die wahrhaftigen Orte im Saarland hatten ihn überrascht: "Bei Montan-Industrie denkt man ja eher an den Ruhrpott. Ich wusste nicht, dass es sie hier auch in dieser Größenordnung gab." Viel mehr vom Saarland hat er jedoch nicht gesehen. "Drehen und schlafen" heißt es zur Zeit für ihn. Noch ein paar Tage Arbeit liegen vor dem Team, dann ist der Film nach insgesamt nur fünf Wochen Dreh im Kasten. "Dann will ich erst einmal drei Tage betrunken und eine Woche krank sein", sagt Ehlail. "Volt " soll Ende 2016 oder Anfang 2017 ins Kino kommen.

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