Neues von Coldplay: Große Gefühle fürs große Publikum

Saarbrücken · „Ghost Stories“, das sechste Album von Coldplay, wird weder die Buchhalter der Plattenfirma noch die Fans verschrecken. Es bietet meist melancholischen Pop, manchmal minimalistisch inszeniert, manchmal bombastisch.

Ist das nun, nach der Trennung von Coldplay-Sänger Chris Martin und Schauspielerin Gwyneth Paltrow, das große Scheidungsalbum? Das mögen die Küchenpsychologen beantworten. Wichtiger ist die Frage, ob sich die britische Band, die Mitte der 90er etwas kantiger begann, zunehmend verliert im Balladenbombast und epischen Refrains für Konzerte in Arenen.

Unter den neun Stücken von "Ghost Stories", dem sechsten Studioalbum, fnden sich wundersam intime, minimalistische Momente - und ebenso Augenblicke hemmungslosen Pop-Populismus, passgenau produziert für ein Fußballstadion voller Fans, die ihre Smarthphones als Feuerzeug-Ersatz selig schwenken können: Die Single "A sky full of stars" hüpft mit Mitklatsch-Technopop zielstrebig in Richtung Großraumdisco; und Stücke wie "True love" klingen ein bisschen wie reine Coldplay-Routine - also Martins Falsett, gefühlige Refrains und hell klirrende U2-Gitarren. Andererseits: Lässt man diese Nummern hinter sich, findet man herzerwärmende Pop-Perlen: Ein gutes Gespür für Melodien hatte die Band immer schon, und die werden in den besseren Stücken überwiegend elektronisch arrangiert: "Midnight" pulsiert mit verfremdeten Stimmen und Chorpassagen hin zu sphärischen Höhen, während "Another's arms" mit klöppelndem Elektro-Rhythmus und Martins hier lässigem Gesang eine wärmende Melancholie aufkommen lässt. Es sind die berührendsten Momente eines Albums, das gleichzeitig das große Gefühl und das große Publikum im Sinn hat.

Coldplay: Ghost Stories (Wea).

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