Neuer Herr der Fische

Völklingen · Mitte des Jahres hat ein Konsortium um den Marketing-Manager Peter Zeller die Völklinger Meeresfischzucht gekauft. Der setzt nun darauf, den Vertrieb erst einmal in sehr kleinem Maßstab aufzubauen.

 Der Fischzucht-Manager Peter Zeller setzt vorerst auf den Vertrieb in der Schweiz und Luxemburg. Foto: b&b

Der Fischzucht-Manager Peter Zeller setzt vorerst auf den Vertrieb in der Schweiz und Luxemburg. Foto: b&b

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"Wir reden nicht, wir tun etwas." Das ist das Fazit der ersten hundert Tage von Peter Zeller, der als Geschäftsführender Gesellschafter die Meeresfischzucht in Völklingen führt. Im Juli hat die Anlage den Besitzer gewechselt - jetzt gehört der Betrieb, der als Fresh Völklingen GmbH firmiert, einen Investoren-Konsortium aus der Schweiz. Und, das ist eine zentrale Nachricht nach rund 100 Tagen: "Es geht aktuell nicht darum, Geld zu verdienen, sondern die Anlage nachhaltig zu entwickeln."

Nach der Übernahme durch die neuen Besitzer durchläuft die Anlage quasi einen Neustart: Erst einmal gehe es darum, die Anlage mit Notreparaturen zu stabilisieren, den Fischbestand deutlich herunterzufahren, um dann von diesem geringeren Niveau aus langsam wieder zu expandieren, sagt Zeller. Weil in den letzten Monaten vor dem Verkauf kaum noch in die Fischzucht investiert worden ist, sind zahlreiche Baustellen entstanden. Das sind beileibe nicht nur diverse kaputte Lampen, es sind auch Konstruktionsfehler, die beispielsweise bei den Biofiltern Großreparaturen nötig machen. Weil dort die Strömungsverhältnisse nicht stimmen, haben die kleinen Filterflocken sich gestaut und Stahlstützen abgeknickt. Positiv dabei: "Die Mannschaft hier ist so gut, dass wir die Anlage selber in Schuss bringen können", sagt Zeller. "Wir brauchen keine externen Berater - wir haben das Fachwissen im Haus."

Aktuell ist ein Becken stillgelegt, ein zweites folgt. Mit den Reparaturen sollen auch Abläufe optimiert werden - das senkt die Betriebskosten. Kosten reduzieren ist ein Hauptthema der Fischzucht. "Aktuell sind die Fixkosten zu hoch - die müssen wir senken, um mit dem Fisch konkurrenzfähig zu sein", sagt Zeller. Wo andere Betriebe Personal entlassen, sieht er andere Möglichkeiten: Den Energieverbrauch zum Beispiel. Gerade entsteht eine Groß-Solaranlage auf dem Dach, die die Stromrechnung entlasten soll. Außerdem gebe es im Wasserkreislauf noch Sparpotenzial. Durch die Trennung vom Stör entfallen beispielsweise die Kosten für das Aufheizen des Wassers.

Die Schwäche der Anlage, dass durch fehlenden Nachbesatz der vorhandene Fisch ausgeht, münzt Zeller zur Stärke um: "Wir reduzieren erstmal und verkaufen aktuell nur rund zehn Tonnen Fisch pro Monat", sagt er. Was die Stadt Völklingen versäumt hat, einen professionellen Vertrieb für die Fische aufzubauen, geht er nun systematisch an. Dabei bringt Zeller, der als Marketing-Manager bei Swissair und einem großen Werbenetzwerk gearbeitet hat, nicht nur Fach-, sondern vor allem in der Schweiz auch Marktkenntnis mit. Die Schweiz steht deshalb aktuell auch im Fokus der Vermarktung. Hier sei er mit mehreren Großvertrieben im Gespräch, bei einigen sei der Völklinger Fisch bereits gelistet. Auch Luxemburg werde bereits regelmäßig beliefert.

Große Hoffnungen setzt Zeller dabei auf den Kingfish, der bisher neben Dorade und Wolfsbarsch eher als Exot in Völklingen mitschwimmen durfte. "Der Kingfish ist der King", sagt Zeller. Als Hamachi gilt er als gehobener Sushi-Fisch, wird gewöhnlich aus Japan oder Neuseeland eingeflogen. "Wir sind mit einer Schweizer Kette im Gespräch, die Hamachi künftig vor allem von uns kaufen will", sagt Zeller. Deutschland geht der Manager bisher eher zögerlich an. "Da ist viel Erde verbrannt", sagt er. Erste Vorstöße plant er jetzt in jungen, aber gehobenen Frankfurter Restaurants, wo der Kingfish als Delikatesse eingeführt wird.

Zeller ist bewusst, dass es jetzt vor allem darum geht, den Markt aufzubauen. "In den kommenden Jahren werden wir kein Geld verdienen, sondern erst einmal nur investieren", sagt er. Das Geld sei Risikokapital , sagt er. "Aber wir glauben an den Erfolg des Völklinger Fisches."

Auch Jürgen Theis, der mit dem Homburger Fischvertrieb Havekost unter anderem die Belieferung der Globus-Gruppe mit Fisch aus Völklingen verantwortet, bewertet die Zukunftschancen zum jetzigen Zeitpunkt besser: "Man merkt, dass da jetzt Profis am Werk sind", sagt er. Bei der Qualität sei der Fisch bereits Spitze - "da gibt es nichts zu deuteln", sagt Theis - auch beim bisher zu hohen Preis gehe der Weg in die richtige Richtung. Zellers Hoffnungen in den Kingfish allerdings teilt der Markt-Kenner nur bedingt: "In Großstädten mag solch ein hochpreisiger Klasse-Fisch gehen - in Hoyerswerda oder hier im Saarland eher nicht."

Meinung:

Endlich ein Unternehmer

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger

Die erfreulichste Aussage des neuen Fischzucht-Chefs ist die, dass er nicht davon ausgeht, dass die Anlage schon bald Geld verdient. Vorerst stattdessen gelte es, kräftig zu investieren. Und das alles unter der Maßgabe, dass das Geld auch verloren sein kann. So und nur so hat die Fischzucht eine Chance, wirklich wirtschaftlich zu arbeiten. Wer glaubt, nur weil die Technik gut ist, werde der Markt von alleine entstehen, hat sich geirrt.

Und auch Zeller bewegt sich auf dünnem Eis. Er muss Käufer überzeugen, einen qualitativ hochwertigen Fisch auch teurer zu bezahlen. Das dauert. Aber Zeller und seine Geldgeber sind offensichtlich bereit, die Durststrecke zu überstehen. So ist zu hoffen, dass das Projekt in Völklingen doch noch eine Zukunft hat.

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