Neuer Arbeitgeber Kirche

Neunkirchen · Am Klinikum Neunkirchen protestieren heute die Mitarbeiter. Seit dem Verkauf des Krankenhauses an die Stiftung Kreuznacher Diakonie fühlen sie sich ungerecht behandelt. Die Geschäftsführung widerspricht.

 Als die Stadt Neunkirchen im Herbst beschlossen hatte, das Klinikum zu verkaufen, kam es schon zu Protesten. Foto: Willi Hiegel

Als die Stadt Neunkirchen im Herbst beschlossen hatte, das Klinikum zu verkaufen, kam es schon zu Protesten. Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

"Es ist soweit." Diese drei Worte stehen am Anfang jener Mitteilung, in der den Beschäftigten der Diakonie Klinikum Neunkirchen (DKN) vergangene Woche erklärt wurde, dass ihr Krankenhaus jetzt Mitglied des Diakonischen Werks ist und die Stiftung Kreuznacher Diakonie nun offiziell die Mehrheitsanteile hat.

Das Schreiben ist in einem harmonischen Unterton verfasst. Doch die rund 600 Frauen und Männer, die jetzt in der "gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH)" DKN ihren Dienst tun, sind auf Krawall gebürstet. "Unser Geduldsfaden ist zerrissen!" und "Der Kampf hat begonnen!" heißt es auf einem Flugblatt. Die Gewerkschaft Verdi hat für heute zwölf Uhr vor dem Klinikum zu einer Protestkundgebung aufgerufen.

Zur Vorgeschichte: Im Herbst 2015 beschloss der Stadtrat Neunkirchen , das Städtische Klinikum zu 94,9 Prozent an die Stiftung Kreuznacher Diakonie zu verkaufen. Die restlichen 5,1 Prozent bleiben vorläufig im Eigentum der Stadt. Weil dieser Verkauf jetzt offiziell ist, "gilt das Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche im Rheinland", heißt es in der Mitteilung an die Beschäftigten weiter. "Die Amtszeit des bisherigen Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist damit beendet". Es werde eine neue Mitarbeitervertretung gewählt. Michael Quetting, zuständiger Verdi-Sekretär im Bezirk Saar-Trier, sieht darin einen "unfreundlichen Akt, den die Gewerkschaft so nicht dulden kann". Inzwischen hat der zuständige Verdi-Fachbereichsleiter Frank Hutmacher die DKN zu Tarifverhandlungen aufgefordert. Damit will er erreichen, dass bei der DKN auch künftig der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) gilt, dass die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes weiter Bestand haben und dass bis Ende 2022 keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden. Hutmacher glaubt nämlich, dass "nur wegen einer Handelsregister-Umschreibung ein Krankenhaus nicht automatisch zu einer kirchlichen Einrichtung wird".

"Wir erfüllen diese Voraussetzungen", sagt hingegen DKN-Geschäftsführer Thorsten Junkermann. Der neue Mehrheitsgesellschafter sei eine kirchliche Einrichtung, und außerdem sei die DKN Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland. "Daher können und werden wir keinen Tarifvertrag mit Verdi verhandeln." Für die DKN gelte nun kirchliches Arbeitsrecht. Junkermann erinnert an einen Kompromiss, wonach für alle Mitarbeiter, die vor Ende 2015 bei der DKN beschäftigt waren, der TVöD weiterhin Bestand haben soll. Erst für die neu eingestellten Arbeitnehmer gelten die kirchlichen Entgeltsysteme, "die den Vergleich selbst mit denen des öffentlichen Dienstes nicht zu scheuen brauchen" wie es bei der Diakonie heißt.

Wirtschaftlich stand das Städtische Krankenhaus Neunkirchen zuletzt mit dem Rücken an der Wand. Die Stiftung Kreuznacher Diakonie will bis 2025 rund 25 Millionen Euro in den Standort investieren.

Meinung:

Dieses Eisen ist heiß

Von SZ-RedakteurLothar Warscheid

Der Konflikt der Gewerkschaft Verdi mit den kirchlichen Arbeitgebern schwelt schon lange. Doch die Gewerkschaft beißt sich daran die Zähne aus, solange der Gesetzgeber geregelt hat, dass kirchliche Einrichtungen nicht in den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes fallen. Für die Gewerkschaft tut das richtig weh, da die christlichen Kirchen mit 1,3 Millionen Menschen nach dem öffentlichen Dienst der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland sind. Diese Frauen und Männer können zwar Mitglieder der Gewerkschaft sein, dürfen aber nicht streiken. Der Streit am Klinikum Neunkirchen ist ein Stellvertreter-Krieg. Der Konflikt soll wieder einmal auf die Spitze getrieben werden, um zu schauen, was geht. Eigentlich müsste sich die Politik des Themas annehmen. Doch dieses Eisen ist heiß.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort