Neue Töne im Schuldenstreit

Rom/Berlin · Athen ist zwar von der Forderung nach einem Schuldenschnitt abgerückt. An einer deutlichen Entlastung hält Griechenland aber fest. Morgen will Finanzminister Varoufakis darüber mit seinem deutschen Amtskollegen Schäuble reden.

Im Streit um eine Lösung für das griechische Schuldendrama stimmt die neue Athener Regierung versöhnlichere Töne an. "Es gibt schon zu viele Risse in Europa, um neue entstehen zu lassen", sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras gestern in Rom . Zuvor war schon sein Finanzminister Gianis Varoufakis in einem Interview von der Forderung nach einem Schuldenschnitt abgerückt. Dieser werde politisch in Deutschland und anderen Gläubigerländern nicht akzeptiert, sagte Varoufakis. Eine deutliche Schuldenentlastung wolle er aber weiterhin.

Die griechische Regierung drückt aufs Tempo, um zu einer Lösung im Schuldenstreit zu kommen. Denn Ende Februar läuft das internationale Hilfsprogramm aus. Und ohne eine Verlängerung wäre das hoch verschuldete Land sehr schnell knapp bei Kasse. Die Regierung hatte bereits die Zusammenarbeit mit der Geldgeber-Troika von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und EZB aufgekündigt, die Spar- und Reformauflagen kontrolliert.

Heute trifft Varoufakis auf seiner Europatour den obersten Euro-Währungshüter, Mario Draghi , den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB); Tsipras spricht mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Und morgen will Varoufakis in Berlin mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) zusammenkommen.

Nach einem Treffen mit Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi sagte Tsipras: "Wir sind natürlich offen für Vorschläge von anderen Partnern für alternative Wege." Man müsse es allerdings schaffen, aus der Sackgasse zu entkommen, in der das Land stecke. Renzi betonte, er habe Vertrauen, dass Tsipras mit dem von ihm begonnenen Dialog eine Lösung finden könne. "Ich glaube fest daran, dass die Voraussetzungen für eine Einigung zwischen Athen und den europäischen Institutionen gegeben sind." Italienische Medien schreiben Renzi eine Vermittlerrolle zwischen Griechenland und Deutschland zu. "Italien ist einer der Gläubiger Griechenlands, will aber nicht den Schuldner erwürgen", sagte Europa-Staatssekretär Sandro Gozi.

Varoufakis schlug vor, Finanzhilfen der europäischen Partner durch Papiere zu ersetzen, die an das Wirtschaftswachstum des Mittelmeerlandes gekoppelt sind. Griechenland-Bonds, die die EZB gekauft hatte, sollten durch Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit ersetzt werden. Zudem wolle Athen die Steuerhinterziehung hart bekämpfen und reiche Griechen schärfer besteuern. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD ) stellte Hilfe im Kampf gegen Steuerflucht in Aussicht. In schweren Fällen sei das Einfrieren von Vermögen "der Superreichen im EU-Ausland" denkbar.

Griechenland hat Schulden in Höhe von etwa 320 Milliarden Euro. In diesem Jahr wird der Schuldenberg knapp 169 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen. Erlaubt sind 60 Prozent.

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