"Neue Betriebe an die Saar locken"

Saarbrücken. Die Arbeitskammer beklagt in einer neuen Studie, dass die Saarländer im ersten Halbjahr 2009 mit ihren Verdiensten gegenüber den anderen westdeutschen Bundesländern noch weiter zurückgefallen sind. Das müsse sich ändern. Das Geld fehle für Anschaffungen und Konsum

Saarbrücken. Die Arbeitskammer beklagt in einer neuen Studie, dass die Saarländer im ersten Halbjahr 2009 mit ihren Verdiensten gegenüber den anderen westdeutschen Bundesländern noch weiter zurückgefallen sind. Das müsse sich ändern. Das Geld fehle für Anschaffungen und Konsum. Franz-Josef Simon, Referent in der Abteilung für Wirtschafts- und Umweltpolitik der Kammer, sieht einen Rückstand der saarländischen Brutto-Monatsverdienste im Vergleich zu Westdeutschland von inzwischen 10,6 Prozent. Seit Jahren liege er schon bei im Schnitt 8,5 Prozent. Die große Lücke zu den übrigen westdeutschen Bundesländern erkläre sich vor allem mit der erheblich gestiegenen Kurzarbeit. Diese trage mit bei zu Einkommens-Verlusten der Saarländer von im Schnitt 2,1 Prozent innerhalb der ersten sechs Monate 2009. Mit unterschiedlichen Auswirkungen, je nach Branche. So gingen die Brutto-Monatsverdienste im produzierenden Gewerbe um sieben Prozent zurück, 13 Prozent in der KFZ-Industrie, 14,2 Prozent in der Metallerzeugung. Zuwächse gab es in einigen Dienstleistungs-Bereichen.Neben Kurzarbeit wirkten sich strukturelle Nachteile aus. So seien viele Industrie- und Dienstleistungs-Betriebe nur "verlängerte Werkbänke", da die Firmenzentralen, Entscheider und Forschunsgabteilungen anderswo säßen, dort mehr verdient werde, so der Arbeitskammer-Referent. Man könne auch nicht von einer schlechteren Tarifpolitik an der Saar sprechen, da Pilotabschlüsse übernommen würden. Zur Entspannung der Lage könne schon eine Erhöhung der Einkommen in unteren Lohngruppen beitragen.

Nach Ansicht der Industrie- und Handelskammer (IHK) Saarland "sind vorübergehende Einkommenseinbußen durch Kurzarbeit allemal besser als der dauerhafte Verlust des Arbeitsplatzes", so Pressesprecher Mathias Hafner. Die Saar-Industrie stehe vor einer Erholung. "Daher werden sich die relativ stärkeren Einkommenseinbußen durch Kurzarbeit als vorübergehendes Phänomen erweisen." Für die Vereinigung Saarländischer Unternehmensverbände (VSU) steht der Erhalt der Arbeitsplätze an vorderster Stelle. Hauptgeschäftsführer Joachim Malter, der in gleicher Funktion auch den Verband der Metall- und Elektroindustrie Saar betreut, warnt vor voreiligen Verallgemeinerungen. So werde etwa in der Metall- und Elektroindustrie an der Saar nicht schlechter gezahlt als in Rheinland-Pfalz oder Hessen. Es sei wegen der Geschichte des Saarlandes ein über Jahrzehnte gewachsener Nachteil, dass Firmenzentralen, Spitzenverdiener, Entscheider und ein besonders großes Angebot hochwertiger Arbeitsplätze anderswo zu finden seien. In jüngster Zeit werde das Saarland bundesweit besser wahrgenommen. Daher müsse man neue Unternehmen mit attraktiven Standortbedingungen locken. Dazu gehöre, Strompreise auf internationales Niveau zu bringen, bei Energie- und Entsorgungskosten nachzubessern. Die Flexibilität der Arbeitnehmer sei bekannt.

Meinung

Erst die Arbeitsplätze halten

Von SZ-RedakteurThomas Sponticcia

Was nutzt mehr Lohn, wenn der Arbeitsplatz weg ist? Deshalb muss es in der Krise jetzt erst einmal darum gehen, möglichst viele Arbeitsplätze im Saarland zu halten. Dazu trägt derzeit auch die Kurzarbeit bei. Wohl alle an der Saar hoffen, dass sich die Wirtschaft schnell erholt. Es wird aber sicher noch ein Jahr dauern, bis wir aus dem Gröbsten raus sind. Dann kommt auch das Ende der Kurzarbeit und hoffentlich auch das Ende der Einkommensverluste. Nach der Krise ist dann auch der richtige Zeitpunkt gekommen, um über höhere Löhne nachzudenken. Denn zu attraktiven Standortbedingungen gehören attraktive Verdienste. Zumal wegen der demografischen Entwicklung der knallharte Kampf der Regionen um die besten Mitarbeiter bald beginnt. Das Saarland wird sich hier noch einiges einfallen lassen müssen. Zumal Image-Kampagnen alleine nichts nützen. Kosten und Standortbedingungen müssen stimmen.

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