Nasdaq will Deutsche Börse ausstechen

New York/Frankfurt. Das Rennen um den weltweiten Spitzenplatz im Börsengeschäft ist eröffnet: Rund sechs Wochen nach dem spektakulären Übernahmeplan der Deutschen Börse für die New Yorker NYSE Euronext hat die US-Börse Nasdaq ein milliardenschweres Gegenangebot vorgelegt

New York/Frankfurt. Das Rennen um den weltweiten Spitzenplatz im Börsengeschäft ist eröffnet: Rund sechs Wochen nach dem spektakulären Übernahmeplan der Deutschen Börse für die New Yorker NYSE Euronext hat die US-Börse Nasdaq ein milliardenschweres Gegenangebot vorgelegt. Wie die Nasdaq OMX Group gestern mitteilte, ist ihre - gemeinsam mit dem Rohstoffbörsenspezialisten ICE vorgelegte - Offerte 11,3 Milliarden Dollar (acht Milliarden Euro) wert. Je nach Berechnung werde damit die Deutsche Börse um 19 oder sogar 27 Prozent übertrumpft. Die Deutsche Börse hält gleichwohl an ihrem geplanten Zusammenschluss mit der NYSE Euronext fest.Sollten die Amerikaner jedoch zum Zuge kommen, würde die Deutsche Börse zum zweiten Mal als Verlierer dastehen. Sie hatte bereits 2008 versucht, mit dem traditionsreichen Börsenhaus an der New Yorker Wall Street zusammenzukommen. Der neuerliche Anlauf vom Februar 2011 war in den USA auf starke Vorbehalte gestoßen. Die nach Börsenwert gewichtigeren Frankfurter wären nämlich bei der transatlantischen Börsenhochzeit Seniorpartner geworden mit einem Mehrheitsanteil von 60 Prozent am neuen gemeinsamen Unternehmen halten. Sogar die Namensfrage war zu einem heftig diskutierten Thema geworden.

Im Gegensatz würde bei einem Zusammenschluss von Nasdaq und NYSE ein US-dominierter Börsenriese entstehen, wie er von vielen amerikanischen Politikern favorisiert wird. Zudem machen Nasdaq OMX und ICE den NYSE-Aktionären ihr Angebot mit der Aussicht schmackhaft, einen weltweit in allen wichtigen Segmenten des Börsengeschäftes führenden Anbieter zu formen. Allerdings könnten kartellrechtliche Bedenken auftauchen. Zur NYSE Euronext gehört neben dem New Yorker Stammhaus die Euronext, ein Zusammenschluss mehrerer europäischer Börsen, darunter Paris und Amsterdam.

Die Deutsche Börse und NYSE hatten Mitte Februar angekündigt, dass sie zusammengehen wollen. Schon damals hatten Gerüchte über mögliche Gegengebote die Runde gemacht. Experten rechneten mit einem möglichen Bieterwettlauf. Alle großen Börsenbetreiber stehen unter großem Fusionsdruck, auch weil weltweit stark wachsende alternative Handelsplattformen sie dazu zwingen, ihre Kräfte zu bündeln. dpa

Bloß kein teures Abenteuer

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf

Die New Yorker Traditionsbörse unter der Regie von Deutschen? Das kann sich in den USA kaum jemand vorstellen. Anders ist das Gegenangebot der Nasdaq für NYSE Euronext kaum zu erklären. Doch ob die hochverschuldete Nasdaq die Übernahme der nahezu doppelt so großen NYSE überhaupt stemmen kann, ist offen. Die Deutsche Börse ist also noch nicht aus dem Rennen.

Vor einem Bieterwettkampf, in dem der Preis hochgetrieben wird, sollte sie sich aber hüten. Eine Niederlage wäre zwar schmerzlich, weil die Deutsche Börse zum zweiten Mal als Verlierer dastünde. Aber das wäre allemal besser als ein teurer Erfolg, der die Fusion zu einem gefährlichen Abenteuer macht.

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