Zwei Unerverwüstliche

Saarbrücken · Seite Mitte der 80er beschallen die britischen Pet Shop Boys die Tanzflächen dieser Welt, auch wenn die ganz großen Hits schon ein paar Jahre zurückliegen. Heute erscheint das 13. Studio-Album, das sich bescheiden „Super“ nennt. Ein Titel, der passt?

 Chris Lowe (l.) und Neil Tennant, die Pet Shop Boys. Foto: Joseph Sinclair

Chris Lowe (l.) und Neil Tennant, die Pet Shop Boys. Foto: Joseph Sinclair

Foto: Joseph Sinclair

Dass es sie noch gibt, ganze 30 Jahre nach dem ersten Album, ist schon eine Leistung für sich - gerade im jugendfixierten Pop. Allerdings erschien ihr letztes grandios erfolgreiches Album "Very" Anfang der 90er Jahre. Über 20 Jahre ist das nun her, aber für Alben, die europaweit kurz in die Top Ten hüpfen, reicht es bei Chris Lowe (56) und Neil Tennant (61) immer noch. Verlässliche Konstanz bieten sie, kein Kunde wird durch ein unterdurchschnittliches Produkt verprellt oder durch Experimente verschreckt. Das macht das Werk des Duos allerdings auch etwas überraschungsarm. Das charmant benannte neue Album "Super" macht da keine Ausnahme. Es lässt sich gut hören, erfreut mit netten Melodien und einigen gewitzten Produktionskniffen. Aber braucht man nach zwölf Alben des Duos auch dieses 13., zumal es immer wieder Momente gibt, die an ältere, nicht selten bessere CDs der beiden erinnert?

"Super" ist, ähnlich wie der Vorgänger "Electric", vor allem ein Tanzalbum. Mal klacken monotone House-Rhythmen wie im Auftakt "Happiness", mal wummern die Synthesizer elefantös wie im Fast-Instrumentalstück "Pazzo!" Ausgelassen wirkt das, auch wenn Tennant textlich gegensteuert - mit seinem Engelssopran singt er vom erhofften Glück, das sich irgendwie doch nie einstellen will, von zerbröselnden Lebensplänen ("Twenty-something") und - sehr sarkastisch - von der Sinnkrise eines Despoten: In "The Dictator decides" ist ein Tyrann des Unterdrückens und Folterns müde, eigentlich will er doch nur einen Platz an der Sonne mit Blick aufs Meer. Wenn es im realen Tyrannen-Leben doch auch so einfach wäre.

Das Stück ist eines der wenigen Balladen des Albums, neben "Sad robot world", einer minimalistisch instrumentierten Betrachtung unserer höchsttechnisierten Welt, die dieses Album miteinschließt: Wie kaum ein anderes der Pet Shop Boys klingt es vollsynthetisch und auch etwas klaustrophobisch - die vorsichtigen Experimente mit Live-Percussion (auf dem Album "Bilingual") und Gitarren-Pop (auf dem Album "Release") sind eben schon 20 beziehungsweise 14 Jahre her. Dennoch: Das Album mag nicht überragend sein, bietet aber genug Erfreuliches - nicht zuletzt die tanzbare Melancholie der Single "Pop Kids", voller Sehnsucht nach der verlorenen Jugend auf nächtlichen Tanzflächen. Dass Tennant und Lowe auch im Frührentenalter weitertanzen wollen, ist nur legitim und sympathisch: Sie könnten auch an muffigen, pseudo-reifen Alterswerken werkeln - das wäre viel schlimmer als ein nur durchschnittliches Album.

Pet Shop Boys: Super

(x2 / Kobal Label Services).

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