Grundsatz-Streit um Betriebsrenten Der lange Kampf der DSD-Rentner

Saarbrücken/Ensdorf · Seit Jahren klagen mehr als 170 Rentner des früheren Anlagenbauers DSD vor den Saar-Arbeitsgerichten. Es geht um ihre Betriebsrente.

 Das frühere Gelände des Anlagenbauers DSD Dillinger Stahlbau. Mit der heutigen DSD Steel Group hat das alte Unternehmen nichts mehr zu tun.

Das frühere Gelände des Anlagenbauers DSD Dillinger Stahlbau. Mit der heutigen DSD Steel Group hat das alte Unternehmen nichts mehr zu tun.

Foto: Engel & Seeber/Engel, Andreas

Die saarländischen Arbeitsgerichte müssen sich seit mehr als sechs Jahren mit einer Vielzahl von Verfahren beschäftigten, die eine verschworene Schar hartnäckiger und wütender älterer Herren angestrengt hat. Es handelt sich hierbei um die Rentner des früheren Anlagenbauers DSD Dillinger Stahlbau. Etwa 110 Verfahren, mit denen das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht befasst waren, gelten inzwischen als erledigt, sagt eine Sprecherin. Allerdings sind bei beiden Gerichten immer noch 61 Verfahren anhängig.

Anfangs ging es nur darum, dass die Betriebsrenten regelmäßig angepasst werden sollten, was in den vergangenen Jahrzehnten längst nicht immer der Fall war. Die Anpassungsfrage wurde zwar abgeräumt, doch die DSD-Rentner ziehen diese Vereinbarung längst wieder in Zweifel. Denn der Streit wird inzwischen äußerst grundsätzlich geführt. Zum Hintergrund muss man wissen, dass die Firma DSD, die 1945 von dem Techniker Hubert Linster und Hans Welsch als kleiner Reparatur- und Montage-Betrieb gegründet worden war, nach dem Krieg relativ schnell wuchs. Das Unternehmen verdiente zudem gutes Geld, und weil tüchtige Anlagenmonteure rar waren, köderten Linster und Welsch die Leute ab dem Jahr 1953 mit einer großzügigen Versorgungsordnung. Wer zehn Jahre dabei war, hatte einen Rentenanspruch von zehn Prozent seines durchschnittlichen Brutto-Monatseinkommens. Für jedes weitere Jahr Betriebszugehörigkeit erhöhte sich dieser Anspruch um zwei Prozent.

Doch DSD musste auch mit den Widrigkeiten des Anlagenbaus leben. Linster und Welsch suchten sich Partner für dieses volatile Geschäft. 1980 stieg der Essener Stahlbau-Spezialist Ferrostaal mit 25 Prozent bei DSD ein. Ferrostaal erhöhte seine Anteile in mehreren Tranchen und schluckte 1997 das saarländische Unternehmen vollständig, das seinerzeit knapp 8000 Mitarbeiter weltweit beschäftigte. Doch die Geschäfte liefen offenbar nicht mehr rund. Mit einer Betriebsvereinbarung wollte man 1979 daher die Versorgungsordnung von 1953 aushebeln. Die Rentenansprüche wurden darin kräftig zusammengestrichen. Das Gleiche geschah 1988 erneut. Die Anpassungsquote, die 1953 auf zwei Prozent festgelegt war, lag 1988 nur noch bei 0,2 Prozent. Zumindest ist noch Geld da. Das Vermögen für die Renten der mehr als 2000 DSD-Ruheständler wird von der Essener Gesellschaft DSD Asset Management verwaltet.

Für den Ensdorfer Reinhold Kirch, der sich den Kampf um die Rechte seiner Kollegen zur Lebensaufgabe gemacht hat, ist das mit diesen beiden Betriebsvereinbarungen „eine Riesensauerei“. Er erkennt nur die Versorgungsordnung von 1953 als rechtlich bindend an. „Der Betriebsrat hatte kein Mandat, einen Eingriff in Verdientes zu unterschreiben“, ist er überzeugt, und der 79-Jährige weiß die meisten seiner früheren DSD-Kollegen hinter sich.

Selbst bei den Einmal-Zahlungen, die knapp 50 DSD-Rentner vor zwei Jahren im Rahmen eines Vergleichs-Verfahrens akzeptiert hatten, will er nicht lockerlassen. Denn auf diese Zahlungen wurden Steuern und Krankenversicherungsbeiträge erhoben. Dies sei zu Unrecht geschehen, da das Geld einen erlittenen Schaden ausgleiche, meint er. Er will diese Frage vor  dem saarländischen Finanz- und dem Sozialgericht klären. Beim Finanzgericht ist noch nichts eingegangen, beim Sozialgericht sind es sieben Verfahren.

Auch das Arbeitsgericht selbst hat er auf dem Kieker. Einige Urteile seien „in einer technisch äußerst schlampigen und inhaltlich äußerst fragwürdigen Form“ begründet worden, heißt es in einem Beschwerdeschreiben seines Anwalts an das Gericht. Und trotz etlicher Vergleiche und vorläufig erledigter Verfahren, „ist noch keines dieser Urteile rechtskräftig“, erinnert eine Prozessbeteiligte. „Das mit den DSD-Rentnern wird sich daher noch sehr lange hinziehen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort