Serie Saartalk ZF-Chef: Facharbeiter werden weiter gebraucht

Die Wissens-Erkenntnisse aus der Informatik müssen einen Wert für die Wirtschaft bringen, sagt Scheer-Personalchefin Clarner.

 IHK-Hauptgeschäftsführer Heino Klingen, die Personalchefin der Scheer GmbH,  Rosemarie Clarner, und  Hermann Becker, Leiter des ZF-Standorts Saarbrücken, beim „Saartalk“ mit SR-Chefredakteur Norbert Klein und SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst (v.l.n.r.).

IHK-Hauptgeschäftsführer Heino Klingen, die Personalchefin der Scheer GmbH,  Rosemarie Clarner, und  Hermann Becker, Leiter des ZF-Standorts Saarbrücken, beim „Saartalk“ mit SR-Chefredakteur Norbert Klein und SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst (v.l.n.r.).

Foto: Rich Serra

Der Saartalk ist ein gemeinsames Format  von SR und SZ. Diesmal stellen  sich Rosemarie Clarner, Geschäftsführerin des Softwarehauses Scheer, Hermann Becker, Werksleiter von ZF in Saarbrücken, sowie Heino Klingen, Hauptgeschäftsführer der Industrie und Handelskammer (IHK) Saar,  den Fragen der Chefredakteure Norbert Klein (SR) und Peter Stefan Herbst (SZ). Lothar Warscheid hat das Gespräch in Auszügen dokumentiert.

Herbst: Ein amerikanischer Präsident entfacht auf dem Kurznachrichtendienst Twitter einen weltweiten Handelskrieg und kündigt Raketenangriffe auf Syrien an. Frau Clarner, hätten Sie so etwas vor fünf Jahren für möglich gehalten?

CLARNER Ich hätte es sicher nicht für möglich gehalten, dass ein amerikanischer Präsident über diese Medien kommuniziert und vor allem, was er kommuniziert. Aber grundsätzlich finde ich es nicht schlecht, dass er diese neuen Medien auch annimmt.

Klein: Herr Becker, wie gefährlich ist Donald Trump für die Weltwirtschaft?

BECKER Wir respektieren politische Entscheidungen. Doch wir stehen kurz vor einem Handelskrieg oder sind schon in einem drin.

KLINGEN Allerdings sehen wir in der EU jetzt auch, dass wir auch keine Waisenknaben sind. Wir haben auch Handelshemmnisse und Zölle (...). Ein zweiter Aspekt im Handel mit China ist, dass dieser nicht so fair ist, wie viele sich das denken. Wenn wir in China investieren, ist das schon etwas schwierig. Man muss Gewinnabführungsverträge machen und sich in Technologien hineinschauen lassen. Darüber muss jetzt auch zu reden sein (...). Im übrigen müssen alle diese  Fragen vor der Welthandelsorganisation geklärt werden.

Herbst: Herr Becker, eigentlich müsste sich ein Unternehmen wünschen, dass Manager auch stark in der Politik vertreten sind. Haben Sie nach Donald Trump diesen Wunsch noch?

BECKER In der Politik geht es häufig nach einer vorgeschriebenen Linie. Meine Kollegen und ich versuchen doch sehr stark, die Dinge vorzugeben (...). Unterordnung fällt uns schwer, wenn wir eine eigene Meinung haben.

Klein: Herr Klingen, gehen wirklich die besten Unternehmer in die Politik oder eher die, die es in der Wirtschaft selbst nicht so geschafft haben?

KLINGEN Die Fälle, dass Unternehmer oder Manager in die Politik gehen, sind eher selten. Das hat auch viel mit den Einkommensunterschieden zu tun (...). Ein besseres Hin und Her von Politik und Wirtschaft wäre durchaus wünschenswert, damit man die Denke des anderen auch besser kennenlernt.

Herbst: Herr Klingen, sind im Saarland die Kommunen zu arm, und ist die Gewerbesteuer zu hoch?

KLINGEN Es ist unbestritten, dass die saarländischen Kommunen nicht auf Rosen gebettet sind. Sie sind kaum noch investitionsfähig. Doch von allen öffentlichen Investitionen werden ungefähr zwei Drittel von den Kommunen getätigt (...). Wir versprechen uns schon, das von dem Kommunalpaket, das derzeit in Berlin geschnürt wird, einiges ins Land kommt.

Herbst: Frau Clarner, das neue Helmholtz-Zentrum für IT-Sicherheit wird von vielen im Land mit sehr großen Hoffnungen begleitet. Ist das ein Projekt, was auch vieles andere anlocken und bewegen kann?

CLARNER Das ist sicher ein großer Erfolg für das Land. Wir dürfen unsere Erwartungen aber auch nicht zu hoch schrauben. Dort entwickeln Forscher und Wissenschaftler viele innovative Konzepte. Aber diese Konzepte müssen erst einmal unter Beweis stellen, dass sie auch  einen Wert für die Wirtschaft bringen. Erst dann wird daraus Innovation. Wir müssen daraus Prototypen und Produkte entwickeln, die die Wirtschaft auch nachfragt.

Klein: Herr Becker, brauchen Sie künftig mehr Mechaniker oder mehr IT-Fachleute?

BECKER Wir brauchen weiter den Facharbeiter. Aber der Facharbeiter muss anders ausgebildet sein. Er muss mehr mit IT und Elektronik zu tun haben als mit Mechanik. Wir können mit unseren Meistern und Facharbeitern die Digitalisierung in den Betrieben vorantreiben. Das ist in anderen Ländern nicht so möglich (...). Das ist eine Riesenchance, wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch bei Industrie 4.0 wird immer der Mensch im Mittelpunkt bleiben.

Herbst: Wie gut ist die Autozulieferindustrie im Saarland aufgestellt?

KLINGEN Sie ist gut aufgestellt. Sie ist mit 50 000 Beschäftigten eine der tragenden Säulen der saarländischen Wirtschaft (...). Die Mitarbeiter verfügen über einen riesigen Erfahrungsschatz. Daher haben wir hervorragende Voraussetzungen, den Wandel in der Automobilindustrie zu schaffen.

Herbst: Herr Klingen, was bereitet Ihnen wirtschaftspolitisch schlaflose Nächte?

KLINGEN Das ist schon der Handelskonflikt mit den USA. Aber auch der Brexit, denn Großbritannien war für das Saarland bis zum Jahr 2017 der wichtigste Handelspartner (...). Man kann nur davor warnen, die Briten für diesen Volksentscheid abzustrafen. Bei den Austrittsverhandlungen sollten Bedingungen festgeschrieben werden, die in Richtung einer Zollunion gehen – ähnlich wie mit Norwegen oder der Schweiz.

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