Zerbrechliche Schönheit: Neues von Radiohead

Saarbrücken · Ohne Ankündigung oder Werbung hat die britische Band Radiohead am Sonntag überraschend ihr neues Album veröffentlicht – das erste seit 2011. „A moon shaped pool“ ist ein Werk von überwiegend leiser Schönheit.

Auch als eher beiläufiger Hörer von Radiohead musste man die Gruppe bewundern - für die Art, wie sie sich dem Pop-Promotionzirkus bewusst verweigert. Auch blieben die Briten in über 20 Jahre Bandhistorie musikalisch nicht stehen, sondern entwickelten sich, experimentierten umtriebig, ohne das Klischee des "Sich-Neu-Erfindens" zu bedienen. Die Band klang immer wieder anders, aber immer wie sie selbst - wobei sich, Fans mögen das anders sehen, manchmal der Eindruck des Verzettelns einstellte, des ambitionierten Herumfrickelns, das manchmal seine Längen hatte.

Wer das so empfand, für den wird das neue Album eine Überraschung sein und vielleicht der Anstoß, die Bandgeschichte noch einmal besser kennenlernen zu wollen. "A moon shaped pool" ist das wohl ruhigste Album der Band; die Stücke ufern nicht aus, die Arrangements sind ideenreich, aber nicht überladen. Auffällig sind die Streicher, die einigen Stücken einen dramatischen Gestus verleihen - besonders im meisterlichen Auftakt "Burn the witch": Die Streicher des Neue-Musik-Ensembles "London Contemporary" treiben das Stück nach vorne und führen es in einen Refrain, in dem sie besonders dunkel klingen und Thom Yorkes Stimme besonders hell (dabei klagend wie meist). Der Rest des Albums hält diese Spannung meist; ob nun der zarte Folk-Pop von "Desert Island Disk", der an Nick Drake denken lässt, oder die sphärischen Elek-troklänge von "Tinker Tailor Soldier Sailor Rich Man Poor Man Beggar Man Thief". So lang der Songtitel ist, so verrätselt sind die Texte von Yorke, grüblerisch, melancholisch. Ein Abschiedsalbum der Band, wie manche spekulieren? In jedem Fall Musik, die sehr berührt.

Radiohead: A moon shaped pool (XL Recordings). Das Album gibt es bisher nur als Download, Vinyl/CD sollen im Juni folgen.

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