Großbanken „Der Finanzminister war schlecht beraten“

Berlin · Der Bankenexperte Wolfgang Gerke warnt vor einer möglichen Fusion der Deutschen Bank mit der Commerzbank.

 Deutschlands größte Geldhäuser, die Deutsche Bank und die Commerzbank,  nehmen Gespräche über einen Zusammenschluss auf.

Deutschlands größte Geldhäuser, die Deutsche Bank und die Commerzbank,  nehmen Gespräche über einen Zusammenschluss auf.

Foto: dpa/Arne Dedert

Der Bankenexperte und Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums, Wolfgang Gerke, hält einen möglichen Zusammenschluss der Deutschen Bank mit der Commerzbank für gefährlich. Beide Geldhäuser hätten zu viele eigene Probleme, um gemeinsam rentabel zu sein, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion über die Fusionspläne.

Herr Gerke, was stört Sie an einem eventuellen Zusammenschluss der beiden Geldhäuser?

GERKE Die Idee ist brandgefährlich, denn die Abwicklung einer solchen Fusion kann nur schiefgehen. Wenn wirklich Synergien gehoben werden sollen, dann kostet das bis zu 40 000 Arbeitsplätze. Das wird nicht ohne Machtkämpfe abgehen. Das wird auch das Management überfordern. Auf jeden Fall werden Mitarbeiter demotiviert. Und auch Kunden könnten sich verabschieden. Hinzu kommt das Risiko für die Steuerzahler, denn eine fusionierte Großbank kann man nicht scheitern lassen. Praktisch besteht hier dann unausgesprochen eine Staatsgarantie.

In der Bundesregierung kann man einer Fusion aber nur Positives abgewinnen. Was steckt dahinter?

GERKE Ich denke, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz schlecht beraten war. Die Idee, einen nationalen Champion im Bankensektor zu haben, ist ja schön und gut. Aber dann muss er auch hoch rentabel sein, um international auftreten zu können. Das ist durch eine Fusion dieser beiden Banken aber nicht zu bewältigen. Die Deutsche Bank muss erst mal die Postbank ordentlich in den Griff bekommen. Da gab es viel Missmanagement. Und die Commerzbank muss ihre Restrukturierung zu Ende bringen. Erst wenn diese Hausaufgaben erledigt sind, kann man weitersehen.

Was ist denn die Alternative?

GERKE Es muss tatsächlich etwas geschehen im deutschen Kreditgewerbe. Es ist international blamabel, dass Deutschland angesichts seiner boomenden Wirtschaft hier so wenig konkurrenzfähig ist. Was hilft, ist das Aufbrechen von Verkrustungen. So müssen die Landesbanken endlich saniert werden, anstatt ihre Geschäfte durch politische Interessen ständig zu bremsen. Es wäre sicher auch viel attraktiver, im IT-Bereich, wo Sparkassen und Genossenschaftsbanken gut aufgestellt sind, mit Commerzbank und Deutscher Bank zu kooperieren.

Also besser Kooperation statt Fusion?

GERKE Besonders die Deutsche Bank hat im IT-Bereich noch Riesenprobleme zu lösen. Das wird nicht leichter, wenn man mit der Commerzbank zusammengeht, wohl aber, wenn man über die Grenzen der Bankengruppen hinausschaut.

Hätte die Bundesregierung überhaupt ein Druckmittel, um beide Geldhäuser zusammenzubringen?

GERKE Wenn der Bund 15 Prozent der Anteile an der Commerzbank hat und Großaktionäre wie Cerberus mit auf seine Seite zieht, dann produziert das im Markt einen Erwartungsdruck. So gesehen ist der Einfluss schon sehr stark. Das hat man jetzt auch gemerkt, denn die ganz große Begeisterung bei der Deutschen Bank, in Fusionsgespräche zu gehen, war nun wirklich nicht spürbar.

Beide Geldhäuser wollen nach eigenem Bekunden ergebnisoffen verhandeln. Wie sicher ist eine Fusion?

 Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums

Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums

Foto: picture alliance / Eventpress/dpa Picture-Alliance / Eventpress Stauffenberg

GERKE Der Vorteil an der jetzigen Situation ist, dass in einer absehbaren Zeit eine Ja- oder Nein-Entscheidung gefällt werden kann. Bislang gab es nur wilde Spekulationen. Ich denke, im Moment stehen die Chancen für oder gegen einen Fusion fifty-fifty. Die Aktionäre stehen dem positiv gegenüber. Aber das ist eine Haltung nach dem Motto „Gut, dass überhaupt etwas passiert“.

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