Wo selbst Huster verstummen: Reifes 6. Sinfoniekonzert
Saarbrücken · Werke von Dutilleux, Strauss und Mahlers Vierte wurden am Sonntag in der Congresshalle beim 6. Sinfoniekonzert des Saarländischen Staatsorchesters geboten.
Texte unterschiedlichster Art vertonte Henri Dutilleux unter dem Titel "correspondances", seine Partitur ist entsprechend reich an Farbmischungen, die er hypersensibel den Stimmungen der Texte anpasste. Ungewohntes wie Duos zwischen Tuba und Akkordeon gehören dazu wie Flageoletmelodien der Kontrabässe. Sopranistin Laura Aikin nutzte beim 6. Sinfoniekonzert in gleicher Weise ihre breite Ausdrucksskala von geheimnisvollem Flüstern bis zur Hochdramatik. Dunkel und fragend bei den Rilke-Zeilen ("Klang, der, wie ein tieferes Ohr, uns, scheinbar Hörende, hört."), hell lodernd bei Mukherjees Botschaften an den indischen Gott Shiva, erzählend und von Erinnerungen überwältigt bei Solscheniyzns Erinnerungen an den Gulag.
Nicholas Milton forderte das Orchester schon beim einleitenden "Till Eulenspiegel" von Strauss (exzellente Hörner und Klarinetten) mit leidenschaftlicher Energie; gemeinsam bewiesen sie, dass man Geschichten so nur mit Musik erzählen kann. Und wie man in der abschließenden 4. Sinfonie von Mahler die Brüchigkeit der scheinbaren "Wunderhorn"-Idylle durch Herausarbeiten der schroffen Kanten und Härten deutlich macht. Das Scherzo geriet grell und spukhaft (prachtvoll diabolisch das Solo auf der höhergestimmten Geige), ergreifend das Adagio mit dem erdenfernen Gesang der Celli, das sogar die notorischen Huster verstummen ließ. Im Finale kam erneut Laura Aikin hinzu, die für "Das himmliche Leben" die nötige kindliche Farbe fand. Statt Einzelheiten herauszugreifen, sollte man konstatieren: Das Staatsorchester scheint durch glückliche Neuzugänge und Miltons Training in der Homogenität wie in der technischen Perfektion von Tutti und Soli in eine höhere Klasse aufgerückt zu sein.