Sondergutachten zur Corona-Pandemie Weise sehen nicht völlig schwarz

Berlin · Ein Sondergutachten des Sachverständigenrates zeigt, die Konjunktur könnte weniger stark einbrechen als gedacht.

 Lars Feld, Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, bekannt unter dem Namen „Wirtschaftsweise“, hält das Hilfspaket des Bundes für „genau richtig“.

Lars Feld, Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, bekannt unter dem Namen „Wirtschaftsweise“, hält das Hilfspaket des Bundes für „genau richtig“.

Foto: dpa/Patrick Seeger

Nach Einschätzung der Wirtschaftsweisen wird die Rezessionen in Deutschland wegen der Corona-Pandemie weniger drastisch ausfallen als von anderen Ökonomen prognostiziert. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat am Montag ein Gutachten vorgelegt. Nachfolgend die wichtigsten Punkte Überblick:

Woher rührt der Optimismus?

Als Blaupause dient den Wirtschaftsweisen das Beispiel China, wo sich die wirtschaftliche Lage nach einem rund zwei Monate herrschenden Einbruch wieder zu normalisieren beginnt. Für Deutschland würde das bedeuten, dass sich die Lage „über den Sommer“ entspannt. In diesem Fall würde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im laufenden Jahr „nur“ um 2,8 Prozent schrumpfen. Schon im Jahr darauf käme es dann zu einem Plus von 3,7 Prozent. Nach dieser Prognose würde die Wirtschaft sogar weniger stark einbrechen als im Finanzkrisenjahr 2009. Damals schrumpfte das BIP um 5,7 Prozent. 2010 gab es dann schon wieder einen Zuwachs von 4,2 Prozent.

Wie glaubwürdig ist die Prognose?

Die Wirtschaftsweisen räumen in ihrem Gutachten selbst ein, dass die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung derzeit „sehr hoch“ sei. Neben dem schon skizzierten Szenario, das die Forscher für die wahrscheinlichste Möglichkeit halten, werden deshalb noch zwei Risikovarianten aufgezeigt.

Was gilt für den schlechtesten Fall?

Sollten die Restriktionen zur Eindämmung der Pandemie mindestens sieben Wochen dauern, könnte das BIP um 5,4 Prozent schrumpfen, 2021 aber wieder um 4,9 Prozent wachsen. Bei einer noch länger anhaltenden Flaute würde das Wachstum in diesem Jahr um 4,5 Prozent einbrechen, aber im Folgejahr um nur 1,0 Prozent wachsen. Mit diesen beiden „Risikoszenarien“ sind die Wirtschaftsweisen aber immer noch deutlich zuversichtlicher als das Münchner Ifo-Institut. Dort rechnet man für 2020 im schlimmsten Fall mit einem wirtschaftlichen Einbruch von bis zu 20,6 Prozent.

Wie werden die politischen Maßnahmen bewertet?

Der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, lobte das von Bundestag und Bundesrat in der Vorwoche verabschiedete Milliarden-Hilfspaket als „genau richtig“. Zu den Maßnahmen zählen Liquiditätshilfen für Unternehmen, Steuerstundungen, Direktzuschüsse sowie der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld. Für den Fall einer nur sehr zögerlichen Erholung der Wirtschaft wird in dem Gutachten auch bemerkt, dass die getroffenen Maßnahmen „womöglich nicht ausreichen“, um tiefgreifende wirtschaftliche Verwerfungen zu verhindern.

Was empfehlen die Forscher?

Die Europäische Union sollte für den Euro-Raum stärker aktiv werden und „bei Bedarf“ zusätzliche Mittel über den europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zur Verfügung stellen, heißt es im Gutachten. Der ESM ermöglicht es der Europäischen Zentralbank, verstärkt Anleihen von Krisenstaaten aufzukaufen, um deren Verschuldungsfähigkeit zu sichern. Für Deutschland empfehlen die Forscher, schon jetzt über ein Konjunkturprogramm für den Fall nachzudenken, dass die Wirtschaft schwer an Boden gewinnt. Dafür kämen Unternehmenssteuersenkungen, ein Vorziehen der Soli-Teilabschaffung und eine Erhöhung der Ausgaben für Bildung und Forschung in Betracht. Die Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur sollten aber „erst mit Auslaufen der Einschränkungen in Kraft treten“, heißt es in dem Gutachten.

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