Tarifreform Flatrates fürs Fahren mit Bus und Bahn

Saarbrücken · Die Tarife im saarländischen Bus- und Bahnverkehr gelten als kompliziert und teuer. Jetzt hat Ministerin Anke Rehlinger eine Reform vorgeschlagen.

 Es ist ein Herausforderung, am Automaten des Saarländischen Verkehrsverbunds das richtige Ticket zu kaufen.

Es ist ein Herausforderung, am Automaten des Saarländischen Verkehrsverbunds das richtige Ticket zu kaufen.

Foto: BeckerBredel

Das Bus- und Bahnfahren im Saarland soll bald, voraussichtlich im kommenden Jahr, einfacher und günstiger werden. Für eine Reform der viel kritisierten Tarife liegen nun konkrete Vorschläge vor, erarbeitet von der Dresdner Marketing-Beratung ­Probst & Consorten. Geschäftsführer Gerhard ­Probst spricht von einer „kleinen Revolution“, die in dem Konzept steckt.

Entscheidende Neuerung sind demnach Pauschal-Tarife. Zum Beispiel „eine Saarland-Flat“, wie Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) gestern bei der Präsentation der Reformideen sagte. Mit dem Saarland-Abo-Ticket können Nutzer demnach für 39 Euro im Monat durch das ganze Land fahren. Einzige Einschränkung: Werktags gilt das Ticket erst nach 9 Uhr. Für alle, die zeitlich flexibel sind, würde diese Flatrate die Nutzung deutlich verbilligen und vereinfachen. Und wer dieses oder ein anderes Pauschalangebot nutzt, muss sich nicht mehr bei der Suche nach dem Fahrpreis mit dem Wabensystem herumschlagen, das seit dem Start des Saarländischen Verkehrsverbunds im Jahr 2005 als ungerecht und kompliziert kritisiert wird. Mit den Pauschaltarifen „lässt sich aus Sicht der Nutzer das Wabensystem überwinden“, sagte Rehlinger.

Mit übersichtlicheren und günstigeren Tarifen sollen „mehr Saarländer dazu bewegt werden, vom Auto umzusteigen auf Bus und Bahn“, nennt die Ministerin ein weiteres Ziel. Die Reform wird auch notwendig, weil die Nutzerzahlen stagnieren und teilweise zurückgehen, wie es in einer Kurzfassung der Studie heißt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ab 16 Jahren nutzt nie Bus und Bahn. Der Bundesdurchschnitt liegt bei rund 42 Prozent. In den vergangenen Jahren hat  der Verbund auf höhere Kosten regelmäßig mit Tariferhöhungen reagiert. Diese „Spirale ist überdreht“, sagte Probst.

Die Flat-Tarife sollen nun verschiedene Zielgruppen besser ansprechen. Ganz neu ist ein Abo für Azubis. „Das ganze Bundesland für einen Preis“ – so lautet auch hier der Vorschlag. Viele Lehrlinge haben den Saar-VV bisher kaum genutzt, weil Berufsschule und Betrieb weit auseinanderliegen. 59 Euro könnte solch eine Karte monatlich kosten. Und wenn die Arbeitgeber einen Zuschuss zahlen, müssen Azubis nur 27 Euro berappen. Ähnlich soll ein Angebot für Schüler aussehen: Für 49 Euro monatlich eine Karte für Fahrten durchs ganze Saarland. Darauf soll es noch Rabatte für Geschwister geben. Hier geht es dann weniger um die Stärkung des Nahverkehrs als um eine Entlastung von Familien. Auch soll ein Sozialtarif eingeführt werden, der beim Hartz-IV-Satz für Mobilität von 27 Euro im Monat liegen könnte, wenn die Landkreise mitziehen.

Auch im „Freizeit- und Ausflugsverkehr ist der Verkehrsverbund heute zu teuer“, sagte Gutachter Probst. Er empfiehlt die Einführung von Tagesnetzkarten für Gruppen und Familien. Manches kann nach seiner Auffassung auch wegfallen: etwa das Senioren-Ticket, das nur zwei Prozent der potenziellen Nutzer erreicht habe und wegen der Altersgrenze von 65 Jahre für Ärger sorgte. Alternative für Rentner ist das genannte Saarland-Abo.

Die Tarifreform ist allerdings längst nicht beschlossen. In diesem Jahr sollen die Diskussionen mit allen Beteiligten laufen, von den Busunternehmen bis zu den Kommunen und Kreisen, sagte Rehlinger. Fast nichts sei in Stein gemeißelt. Auf Pauschalangebote will sie aber nicht verzichten. Offen ist jedoch, welche der Einzelvorschläge umgesetzt werden und zu welchen Preisen. So könnte das – werktags ab 9 Uhr gültige – Saarland-Abo etwa auch 49 statt nur 39 Euro kosten. An allen „Ideen hängt auch ein Preisschild“, sagte Rehlinger. Mit dem Konzept hat sie auch die Debatte eröffnet, wie viel zusätzliches Geld das Land, die Kreise und Kommunen als  Auftraggeber des öffentlichen Nahverkehrs aufbringen können und wollen. Die ersten Reaktionen im Wirtschaftsausschuss gestern seien positiv gewesen. Rehlinger plädiert für eine „offensive Variante“, die viele der günstigen Tarif-Vorschläge umsetzt. Sie geht davon aus, dass „wir dafür fünf Millionen Euro plus x in die Hand nehmen müssen“.

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