Prognose Institute sagen schwere Rezession voraus

Berlin · Nach Prognose führender Forschungsinstitute wird die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 4,2 Prozent schrumpfen. Das wäre die schwerste Rezession seit der Finanzkrise.

 Konjunkturaussichten in der Corona-Krise, Prognose

Konjunkturaussichten in der Corona-Krise, Prognose

Foto: SZ/Müller, Astrid

Die führenden Wirtschaftsinstitute sehen für 2020 schwarz. Nach ihrem am Mittwoch veröffentlichten Frühjahrsgutachten erwarten die Experten im Zuge der Corona-Pandemie einen drastischen Einbruch der Konjunktur, der auch deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt und bei den privaten Einkommen hinterlassen wird. Im kommenden Jahr soll es allerdings wieder deutlich aufwärts gehen. Nachfolgend die wichtigsten Punkte im Überblick.

Wie sieht die Prognose aus?

„Wirtschaft unter Schock“, heißt es schon in der Überschrift des aktuellen Gutachtens. Weil der Staat zur Eindämmung der Infektionswelle das wirtschaftliche Leben stark eingeschränkt hat, schrumpft das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bereits im ersten Quartal um 1,9 Prozent. Noch viel drastischer fällt das Minus für die Zeit zwischen April und Juni aus: Hier wird mit einem Rückgang um 9,8 Prozent gerechnet. Damit fällt der Einbruch in diesem Zeitraum mehr als doppelt so stark aus wie jener Anfang 2009 während der großen Finanzkrise. Aufs gesamte Jahr gerechnet wird ein Minus von 4,2 Prozent erwartet. 2021 soll die Wirtschaft aber schon wieder um 5,8 Prozent wachsen.

Wie sind die Zahlen einzuordnen?

Ende März hatten die Wirtschaftsweisen eine Prognose veröffentlicht, die auf den ersten Blick deutlich optimistischer ist. Darin gehen sie für 2020 von einem Minus im Umfang von 2,8 Prozent als wahrscheinlichste Möglichkeit aus. Allerdings hatten sie auch Risikoszenarien erstellt, wonach die deutsche Wirtschaft um bis zu 5,4 Prozent einbrechen könnte. Davon sind die Wirtschaftsinstitute in ihrer aktuellen Einschätzung nicht allzu weit entfernt.

Was wird für den Arbeitsmarkt erwartet?

Die Institute rechnen mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit um 236 000 Personen. Damit wären 2020 im Schnitt mehr als 2,5 Millionen Menschen ohne Job. Im Jahr darauf soll ihre Zahl aber wieder um 112 000 sinken. Besonders drastisch fällt der Anstieg bei der Kurzarbeit aus. Anfang 2020 arbeiteten lediglich rund 110 000 Menschen verkürzt. Doch schon im zweiten Quartal werden es laut Prognose durchschnittlich 2,4 Millionen sein. Zum Vergleich: Die Höchstzahl der Kurzarbeiter während der Finanzkrise vor gut zehn Jahren lag bei 1,4 Millionen. Erstmals seit diesem Einbruch würden deshalb auch die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte sinken, so die Forscher. Den Rückgang beziffern sie auf 0,9 Prozent. 2019 waren die verfügbaren Einkommen noch um 2,9 Prozent gestiegen.

Wie glaubwürdig sind die Prognosen?

Für ihr Gutachten haben die Institute unterstellt, dass das derzeitige Einfrieren des öffentlichen Lebens die Zahl neuer Corona-Fälle deutlich senkt und der weitgehende wirtschaftliche Stillstand höchstens noch bis Mitte April andauert, um danach schrittweise beseitigt zu werden. Außerdem wird unterstellt, dass die politischen Hilfsmaßnahmen zugunsten von Unternehmen und Verbrauchern eine Insolvenzwelle verhindern. Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser räumte aber ein, dass sich die Krise auch noch länger hinziehen könnte. Damit wären auch die Prognosen nicht mehr zu halten.

Wie fallen die Reaktionen aus?

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) fühlt sich vom Frühjahrsgutachten der Institute in seiner Einschätzung ermutigt, dass die Wirtschaft nach dem Tief rasch wieder an Fahrt gewinnen könnte. Von den Grünen kam die Forderung nach einem sozial-ökologischen Konjunkturprogramm. „Dieses muss die Wirtschaft nach dem Ende des Lockdown wieder in Schwung bringen und zugleich ökologische Impulse setzen“, meinte Fraktionschef Anton Hofreiter. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner forderte die Regierung auf, den Unternehmen „Hoffnung zu geben, dass es schrittweise zu einer Öffnung kommt“.

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