Wenn Ansichtssache bleibt, was Augenhöhe meint

Saarbrücken · Am Ende der Diskussion war man nicht viel schlauer als zuvor: Wie so oft steckt auch bei der von Bundesjustizminister Heiko Maas geplanten und vom Kabinett im März abgesegneten Novelle des Urhebervertragsrechts der Teufel im Detail. Ihr Ziel, die Rechte von Urhebern gegenüber Verwertern zu stärken, löst sie nur in Teilen ein.

Als Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) 2013 eine Novelle des seit 2002 bestehenden, in diesen digitalen Zeiten hoffnungslos veralteten Urhebervertragsrechts initiierte, hofften Kulturschaffende auf bessere Zeiten. Sprich dass das Heer kultureller Selbstausbeuter künftig als Urheber geistiger Werke seinen Verwertern auf der Gegenseite (Sendern, Buch- und Zeitungsverlagen, Produzenten, Musikkonzernen) "auf Augenhöhe" begegnen könne. Leben die meisten doch, wie der Filmregisseur Andres Veiel bei der donnerstäglichen Diskussion des Saarbrücker SPD-Kulturforums in Erinnerung rief, im tiefsten Prekariat. (Ihr Durchschnittseinkommen liegt im Jahr bei 15 000 Euro). Die Frage, ob der nun mehrfach überarbeitete Referentenentwurf das hehre Ziel eingelöst hat, blieb strittig an dem Abend.

Maas, der aus Berlin mit Veiel und der Literaturagentin Elisabeth Ruge angereist war, verteidigte naturgemäß das Erreichte - und bekam von Ruge Schützenhilfe. Was die Autoren- und Buchverlagsseite angeht aus gutem Grund: Keine andere Branche hat unter tatkräftiger publizistischer Begleitung erfolgreicher Nachbesserungen zu ihren Gunsten durchsetzen können. Vom Tisch ist insbesondere das ursprünglich bereits nach fünf (und nun erst nach zehn) Jahren wirksame Rückzugsrecht von Autoren gegenüber Verlagen, das den Ruin unabhängiger Verlage heraufbeschworen hätte: Buchkonzerne hätten Autoren leicht ködern und die Kärrner so um ihre mühevolle Aufarbeit gebracht. Maas konzidierte, diese Regelung hätte nicht zuletzt auch dem größten Distributor "Amazon in die Hände gespielt".

Veiel insistierte und bezeichnete die Novelle, legitimerweise unter der Brille der Filmschaffenden, unterm Strich als "Rückschritt". Maas sei auf Druck der Justiziare der Sendeanstalten eingeknickt: "Ihr Entwurf hatte mehr Schneid." Der Anspruch, "die Schwächsten am Ende der Verwertungsketten" zu stärken, bleibe unerfüllt. Für Autoren sei mehr herausgesprungen als auf Filmerseite. Dass deren Organisationsgrad qua divergierender Interessen geringer ist (ein Bündnis à la "Autoren & Verlage" existiert auf der Seite Filmer/Mimen vs. Produzenten/ Sender nicht), blieb unerwähnt.

Wie sehr der Teufel im Detail steckt, machte ein Beispiel Veiels deutlich: Urhebern werde zwar ein jährliches Auskunftsrecht gegenüber unmittelbaren Vertragspartnern eingeräumt; doch spiegele dies die komplexe Realität der Filmbranche nicht wider. Schlössen Produzenten doch ihrerseits Unterverträge ab: "Da fehlt auf Urheberseite ein dies berücksichtigendes Durchgriffsrecht." Maas wies auf das Novum des Verbandsklagerechts hin, mit dem sich Knebelverträgen künftig begegnen lasse. Was, könnte man anfügen, Gewerkschaften Zulauf bringen dürfte. Maas betonte im Übrigen, mit der Novelle ließen sich die auch von Publikumsseite aufgebrachten "Prekariatsfragen nicht regeln".

Ein Blick auf die Internetseite der "Initiative Urheberrecht" hätte die von Jürgen Albers (SR) moderierte, herumwabernde Diskussion strukturieren können. Dort lassen sich die fraglos stets interessengeleiteten Einwände diverser Urheberverbände (von der Deutschen Orchestervereinigung über den Bundesverband Regie bis zum Journalisten-Verband) nachlesen. Veiel hatte am Ende recht. "Geld ist da. Die Frage ist, wie's ausgegeben wird." Man könnte es auch konkreter sagen: Alleine die ARD kalkuliert mit Pensionsrückstellungen in Höhe von 7,4 Milliarden Euro.

SR2 Kulturradio sendet einen Mitschnitt am 15.4. (19.15 Uhr).

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